Panzerverkauf an Saudi-Arabien: Ein Geschäft mit Signalwirkung
Das Vorhaben, bis zu 200 deutsche "Leopard 2" in das autokratisch regierte Saudi-Arabien zu liefern, zeichnete sich ab. Selbst Israel sperrt sich offenbar nicht mehr.
BERLIN taz | Die Messe IDEX ist das Mekka der Rüstungsindustrie. 60.000 Besucher und über 1.000 Aussteller aus mehr als 50 Ländern pilgerten im Februar 2011 nach Abu Dhabi, um für ihre Produkte zu werben. Der Nahe und Mittlere Osten ist der weltweit größte Markt für Rüstungsgüter.
Das reizt auch die deutsche Rüstungsindustrie. Für sie wird der Export immer wichtiger. Er sichert die Grundauslastung ihrer Kapazitäten und wurde zum Kerngeschäft. An der IDEX beteiligten sich 66 deutsche Aussteller, sie präsentierten unter anderem eine Neuigkeit mit Signalwirkung: Den "Leopard 2A7+" für Peace Support Operations (friedensunterstützende Maßnahme), die modernste Version des "Leopard"-Panzers.
Dieses Waffensystem können endlich auch Kunden auf der arabischen Halbinsel kaufen. Gleich zwei Exemplare waren in Abu Dhabi zu sehen, je eines bei Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall.
Zuvor hatte der neue "Leopard" in Katar eine Wüstenerprobung durchlaufen. Katar interessierte sich bereits länger für 36 dieser Panzer. Der zuständige Bundessicherheitsrat beschied 2009 eine Voranfrage der Industrie positiv, nachdem Israel keine Einwände erhoben hatte. Damit änderte sich aber auch die Geschäftsgrundlage für Lieferungen in andere Länder in der Region, etwa Saudi-Arabien. Genehmigungen waren nun Einzelfallentscheidungen und wurden nicht mehr grundsätzlich abgelehnt.
Saudi-Arabien, das sich bereits seit langem für den "Leopard" interessiert, begann erneut über deren Kauf nachzudenken. Ende 2010 wurde dies deutlich. Das Königreich signalisierte Interesse, in Spanien bis zu 270 "Leopard 2E", in Lizenz gebaute "Leopard" einer älteren Version, für etwa drei Milliarden Euro zu kaufen.
Spanien ausgestochen
Doch die spanischen Hoffnungen auf das "größte Rüstungsexportgeschäft" in der jüngeren Geschichte sollten sich nicht erfüllen. Denn Saudi-Arabien sprach auch mit den deutschen Herstellern über die Möglichkeit, die neuste Version des "Leopard"-Panzers in Deutschland zu kaufen.
Wie im Falle Katars wurde zunächst nur über eine kleine Zahl gesprochen. Dabei galt aus saudischer Sicht: Jedes Anzeichen, dass die Bundesregierung bereit sein könnte, einer Lieferung zuzustimmen, machte einen Kauf der spanischen Version unwahrscheinlicher. Auch dafür wäre ja die Zustimmung des Bundessicherheitsrates notwendig. Zudem wären die spanischen "Leopard"-Panzer älter und weniger flexibel einsetzbar gewesen.
Die aktuelle Entscheidung der Bundesregierung, Saudi-Arabien zu signalisieren, dass auch ein großer "Leopard"-Export aus Deutschland möglich sei, passt in die Entwicklung der Rüstungsexportpolitik in den letzten Jahren. Deutlich wird dies, wenn die derzeitige Bundesregierung ihre Rüstungsexportpolitik nicht mehr als restriktiv, sondern als verantwortlich charakterisiert.
Die Belieferung Saudi-Arabiens kann als verantwortlich bezeichnet werden, so man das autokratisch regierte Königreich als Stabilitätsfaktor auf der arabischen Halbinsel und gegenüber dem Iran betrachtet. Restriktiv ist eine solcher Export dagegen keinesfalls. Die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien, der Charakter des saudischen Regimes und dessen militärische Unterstützung anderer autokratischer Regimes spielen dann keine Rolle mehr.
Jahrzehntealte Tabus des Rüstungsexports – so die Nichtbelieferung der nah- und mittelöstlichen Kontrahenten mit Großwaffensystemen für die Landkriegsführung können nun durchbrochen werden.
Erwartet Israel Gegenleistungen?
Israel hat – im Gegensatz zu früher – anscheinend keinen Widerspruch eingelegt. Das Land halte heute ein militärisch starkes Saudi-Arabien als Gegengewicht zum Iran für wichtiger als die Gefahren, die von Saudi-Arabien für seine Sicherheit ausgehen könnten – könnte aber auch deutsche Gegenleistungen erwarten.
Schon länger wünscht sich Israel eine deutsche finanzielle Beteiligung bei der Beschaffung eines sechsten Dolphin-U-Bootes und von Korvetten. Mehr noch: Auch Israel interessierte sich immer wieder für den Kauf gepanzerter Fahrzeuge aus Deutschland. In Tel Aviv könnte daher die Kalkulation lauten: Wer Saudi-Arabien beliefert, hat kaum gute Argumente, Israel nicht zu beliefern.
Zurück zur IDEX. Die Bundesregierung zeigte sich im Februar bemüht, den Export deutscher Rüstungsgüter auf dieser Messe zu fördern. Das Verteidigungsministerium entsandte gleich zwei hochrangige Delegationen. Geleitet wurde die eine vom Stellvertreter des Heeresinspekteurs, Generalleutnant Bruno Kasdorf, die andere vom Abteilungsleiter Rüstung Detlef Selhausen, einem zivilen Beamten.
Leser*innenkommentare
Jutta Thorne
Gast
Empörung an der falschen Stelle wird zur Heuchelei
Ja, es stimmt: Saudi-Arabien ist ein trauriges Beispiel für eine Despotie. Ja, dort werden täglich Menschenrechte mit den Füssen getreten.
Es stimmt aber auch: Wir machen tagtäglich Geschäfte mit den Saudis und die Oberschicht dort konnte einen unglaublichen Reichtum anhäufen. Damit können sie weltweit dort Waffen einkaufen, wo sie möchten.
Wer gegen Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien ist, muss gegen jedes Geschäft mit den Saudis sein, er darf also nirgendwo ein Erdölprodukt kaufen, nicht mehr tanken usw.
Selbst wenn die Rüstungslieferung verhindert würde, glaub doch niemand im Ernst, dass Saudi-Arabien nicht dennoch aufrüsten würde, mit Waffen anderer Herkunft eben.
Das Problem sind nicht die Rüstungslieferungen heute, sondern die Geschäfte die die Saudis reicht gemacht haben und damit in die Lage versetzt haben, ihre Herrschaft mit den Mitteln einer modernen Diktatur abzusichern. Die Ausrüstung hierfür können sie weltweit per Ausschreibunb beim besten und biligsten Anbieter einkaufen.
Mir ist nicht bekannt, dass irgendeine politische Kraft im Bundestag für einen Boykott Saudiarabiens eingetreten ist - ganz unabhängig von der Frage, ob man den grösten Erdölexporteur boykotieren kann.
Folglich ist die gesamte Empörung gegen die Rüstungslieferung heute nichts anders als eine üble Heuchelei.
Grüsse, Jutta
end.the.occupation
Gast
Saudi Arabien hat nicht nur die Demokratiebewegung in Bahrain niedergeschlagen, sondern auch die ägyptische Generalsjunta mit 4 Mia. Dollars bedacht, die Gaza nach wie vor mit abriegelt.
Saudi Arabien ist einer der wichtigsten Verbündeten Israels in der Region. Und man kann sicher davon ausgehen, dass die Schnorrer demnächst wieder mit dem Hut in der Hand dastehen werden, damit wir Steuerzahler ihnen ein neues U-Boot mitfinanzieren, während sie die Häuser und Hütten der Palästinenser im Negev und im Jordantal abreissen, um sie zu vertreiben.
Marcus
Gast
@Kati: Dies ist eher Unwahrscheinlich da die Amis bestimmt lieber ihren M1 verkauft hätten. Von diesen haben die Saudis nämlich schon eine ganze Menge. Die interessieren sich vermutlich für den Leo2 da sich einige neue die Canada von der Bundeswehr erst gemitet und dan geleast hat als recht robust erwisen haben. Ganz nebenbei, schon erschreckend, dass die Bundeswehr Kampfpanzer vermitet, nicht?
Mohammad
Gast
Wir müssen endlich ein Bündnis gegen den Iran herstellen! Deshalb begrüße ich das Panzer nach Saudi-Arabien verkauft werden, und die Angst der Israelis stimmt doch auch nicht, die haben auch nichts dagegen. Außerdem könnte man eine Nichtlieferung auch als islamophoben Akt gegenüber dem islamischen Staat Saudi-Arabien verstehen. Was spricht also gegen die Lieferungen?
Keine Frage, auch in Saudi-Arabien gibt es Probleme mit den Menschenrechten, aber mir ist Saudi-Arabien wesentlich lieber als der faschistische Iran.
sammael
Gast
Da unten tobt, halb hinter den Kulissen ein Kampf um die Vorherrschaft der region zwischen Saudi arabien und dem Iran. den saudis die Panzer nicht zu liefern hiesse die Fundamentalisten des Irans zu stärken.
Und zu der hier vielfach zitierten "Demokratiebewegung".. Scheinbar wird gerne vergessen das eine der ersten "Amtshandlungen" dieser "friedlichen" Demokratiebewegung" in Ägypten nach ihrem Sieg über den Despoten Mubarak es war christliche Kirchen anzuzünden und mal schnell ein paar Kopten abzuschlachten...
Hans
Gast
wir exportieren "Demokratie" so wie den Leopard 2
rugero
Gast
Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur der Welt, nach Russlannd und USA. Das wird man nicht indem man die Kunden handverliest oder mit Moral und Ethik an den Verkauf herangeht. Einziger Grund für Waffenverkäufe ist das Geschäft. Diktaturen und andere fragwürdige Regime sind oft die besten Waffenkunden.
Mit dem Argument "Realpolitik" kann man jede Lieferung an jeden Staat irgendwie schön reden. Das ist schon seit Jahrzehnten so, aber jetzt wird endlich mal darüber geredet. Ändern wird das Reden jedoch nichts - leider.
Kati
Gast
Auftraggeber: USA. Deutschland muß liefern. Richtlinien? Dürfen bei diesem Auftraggeber nicht berücksichtigt werden.Souveränität?
C.H.
Gast
Es ist zum Verzweifeln.
Immer nur dumme Geld-Macht-Spiele.
Und die Saudis fahren mit ihren Leoparden erstmal nach Manama und knallen ein paar Demonstranten ab, um der Stabilität in der Region zu dienen.
Hier zeigt sich, wieviel Wertebewusstsein in Westerwelles Enthaltung zur Libyenfrage im Sicherheitsrat steckte.
Alles nur Strategie und Heuchelei.
Wolf
Gast
Waffen- und Waffenlogistigmittellieferungen z.B. zur Tötung von demokratischen Volksbewegen wirken in dem humanisitischen Körper wie die dreckigsten Brechmittel.
Solange es Immunität und keine persönliche Haftung
für Fehlentscheidungen, sprich geradestehen für Rechtsverstöße von
unfähigen und korupten Politclowns möglich ist, solange
wird diese Narrenfreiheit fortgesetzt.
Ein jeder Bürger muss das Recht haben jeden Politiker anzuzeigen und den Strafverfolgungsbehören zuzuführen.
Warum wollen sie auf Bundesebene nicht den längst überfälligen Volksentscheid im GG festschreiben?
Ganz einfach, weil dann endlich Schluss mit Ihrer
unbändigen Macht und ihrem eigens geschaffenen Selbstbedienungsladen ist !
Wolf
Gast
Und die unglaubwürdigen Politschreier aus Reihen der Oposition, mit Außnahme der LINKEN, haben u.a. auch
2004 Waffengeschäften und Logisikhilfsmitteln zu Waffen nach Arabien u.a. zugestimmt.
Es gibt leider viel zu viele Pharisäer und Volksverdummer in der Politik !
Das treiben vieler unfähigen Politlügner wird auch noch durch miserabelen und gekauften Journalismus unterstützt.
Die TAZ ist einer der wenigen Medien, die den Dingen auf den Grund gehen und objektiv
berichten !!!
Danke TAZ.
Ein Klassiker
Gast
Deutsche Waffen, Deutsches Geld
Morden mit In Aller Welt
vic
Gast
Deutschland ist ein Waffenhändler von Weltrang, in Europa gar Nummer 1.
Das wird nicht, wer übermäßig zimperlich mit der Wahl seiner Kundschaft ist.
Da zählen Peanuts wie Ausfuhrverbote nicht.
Merkel ist ohnehin von lästigem mortalischem Weitblick verschont.
Etwas Blut an den Händen wird sie locker wegstecken.
Denn:
Erst kommt das Fressen, dann die Moral.
Ullrich F.J. Mies
Gast
Diese deutsche Regierung kann man wirklich vergessen. Ein Regime, keine Regierung, die es verdiente noch im gleichen Atemzug mit "demokratisch" genannt zu werden. Es ist nur noch erbärmlich.
Für die US-Amerikanischen Regierungen galt seit vielen Legislaturperioden:
Die Rüstungsindustrie macht nicht ihren Einfluss auf die Regierung geltend, sie ist Regierung.
Offensichtlich gilt dies nun auch für die deutsche Regierung.
abenteurer
Gast
200 panzer für saudi-arabien, das ist doch mal richtig sexy. Hätte nicht gedacht das die alten bundes-schlapphüte das gegen die US konkurrenz hinkriegen.
Übrigens - in indien läuft die MMRCA ausschreibung für 120 flugzeuge im wert von 11 mrd. Und wisst ihr was? Die Amis sind draußen! Nur noch der Eurofighter und die franz. Rafale sind in der Endauswahl.
Gruß
Weiße Rose
Gast
Der Tod war schon immer ein Meister aus Deutschland. Warum also nicht ein paar Panzer für die guten Freunde am Golf...
Deutsche Waffen, deutsches Geld - morden seit jeher mit, in aller Welt!
Was soll's, auch wenn es in Saudi-Arabien menschenrechtmäßig zugeht, wie im tiefsten Mittelalter; Sklaverei und Scharia, wen stört's? Haben wir ja hier auch bald. Jedenfalls die Sklaverei.
Da ist nichts zu retten. Die Merkel Regierung macht das, was alle BRD - Regierungen vorher auch gemacht haben: Für ein paar lausige Dollar und eine Handvoll Arbeitsplätze wird JEDE Moral über Bord geworfen und - der (Rüstungs)industrie stets zu diensten - jedes auf Waffenlieferungen folgende Blutbad billigend in Kauf genommen bzw. jede Mitverantwortung weit von sich gewiesen.
Wann endlich stellen wir Merkel und ihre Schergen vor ein internationales Tribunal, denn sie sind letztlich keinen deut besser als Mladic und die anderen Todbringer!
Kati
Gast
Im Auftrag der Hegemonialmacht USA. Der Vasall hat zu folgen.
Dr. No
Gast
Fast alle Terroristen des 11. September waren Saudis. Vielleicht rollen diese Panzer ja mal gegen Israel. Wundern würde es mich nicht. Aber das stört noch nicht mal die israelische Regierung.
vic
Gast
Geld stinkt nicht, denkt sich die Kanzlerin.
Und wenn selbst Israel den Deal genehmigt, darf die deutsche Rüstungsindustrie auch gerne grundgesetzwidrige Geschäfte abwickeln.
Kurt Ludowig
Gast
Es gibt drei Möglichkeiten.
Entweder wir helfen Saudi-Arabien sich zu verteidigen, um uns das Erdöl zu sichern
oder wir verteidigen mit unseren Soldaten Saudi-Arabien und damit das wichtige Erdöl.
Oder wir überlassen Saudi-Arabien einem Feind und verzichten auf das Erdöl.
keks
Gast
So schnell kann man vergessen, dass Saudi-Arabien die Demokratiebewegung im Bahrain mit Panzern niedergeschlagen hat....
http://www.campact.de/waffen/sn1/signer