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Beschneidung in KalifornienDoch kein Referendum

Gegner der Beschneidung von Jungen hatten 7.000 Unterschriften für ein Referendum gesammelt. Eine Richterin verhinderte dies jetzt, medizinische Eingriffe seien nicht Sache der Wähler.

Gemeinsam gegen ein Beschneidungsverbot: Ein jüdisches Paar und eine muslimische Mutter in San Francisco. Bild: dapd

SAN FRANCISCO dpa | Die Einwohner von San Francisco werden im kommenden November nicht über ein Verbot männlicher Beschneidungen abstimmen. Eine Richterin in der amerikanischen Westküstenstadt ordnete am Donnerstag an, dass ein umstrittenes Referendum vom Wahlzettel gestrichen wird, wie die Los Angeles Times berichtete.

Nach kalifornischem Recht dürfe nur der Staat über medizinische Eingriffe wie eine Beschneidung bestimmen, begründete Richterin Loretta M. Giorgi ihre Entscheidung. Die Wähler dürften dies nicht.

Sie befand weiter, dass ein Verbot von Beschneidungen auch die Religionsfreiheit der Bürger einschränkte. Im Judentum und im Islam ist der Eingriff weit verbreitet. Auch aus gesundheitlichen und hygienischen Gründen werden in den USA viele Babys beschnitten.

Beschneidungsgegner hatten im Frühjahr mehr als 7.000 Unterschriften gesammelt. Damit hätten sie ihr Anliegen den Wählern vorlegen können. Dies wurde nun von der Richterin blockiert. Eine Gruppe von Ärzten und religiösen Vertretern hatte gegen das geplante Referendum geklagt.

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9 Kommentare

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  • E
    Ensetzt

    @Boumedienne:

    Ich bin immer aufs Neue entsetzt, wie Menschen dieses Ritual verharmlosen können, und sogar mit der Taufe vergleichen.

    Die Beschneidung ist eine Operation die mit Risiken Komplikationen, Schmerzen einhergeht, und bei der erogenes Gewebe entfernt wird.

    Die Taufe ist ein bisschen Wasser auf dem Kopf mehr nicht.

    Vielleicht sollten sie sich mal das Grundgesetz näher durchlesen.

    Artikel 2 "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden."

    Und ein Königreich der Kinder, in der sie ihre vollständigen Genitalien ganz behalten dürfen, ist mir persönlich viel lieber als das Königreich unwissender und verwirrter Erwachsener, die ihren Kindern ihren Glauben in die Genitalien einschneiden.

  • B
    Boumedienne

    Juden und Muslime Hand in Hand !!! Wie schön ist das denn ? Super !!! Und alle, die sich um die Religionsfreiheit Sorgen machen, sollten dann auch dafür kämpfen, die Taufe zu verbieten, denn das passiert auch mit einem unschuldigen Bébé, das womöglich dreckiges Wasser von womöglich schmutzigen Fingern auf´s Gesicht bekommt. Und überhaupt müssten wir das Kind schon in-Vitro befragen, denn wer weiss, ob es Bock hat, mit diesen Eltern zu leben..? Danach müssten wir es fragen, ob es die Sprache der Eltern wirklich sprechen möchte oder lieber eine andere..? Und so weiter...dann haben wir irgendwann das Königreich der Kinder...

  • G
    Guy

    "Sie befand weiter....Auch aus gesundheitlichen und hygienischen Gründen werden in den USA viele Babys beschnitten."

     

    Donnerwetter, die Dame ist ja an der Spitze der medizinischen Forschung!

    Es gibt nämlich keine Vorteile, weder medizinische, noch hygienische. Man sollte der Richterin etwas Seife schenken und sie mal aufklären, über die echten Funktionen der Vorhaut; nicht die, einer Frau besser zu gefallen.

    Damit dürfte dann auch die weibliche Beschneidung, sofern sie medizinisch durchgeführt wird, in Kaliforneien erlaubt sein.

    Na Mahlzeit!

     

    Mehr zur Vorhautpflege, auf der selben (sehr dokumentierten) Seite, wie oben genannt gefunden:

    http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/vorhautpflege.html

  • T
    Traurig

    Und wieder einmal haben kommerzielle Interessen und religiöses Dogma über Menschen und Freiheitsrechte obsiegt.

     

    Erlebnisbericht einer Ärztin in Ausbildung

     

     

    Zum Thema Cici: hab mal Famulatur in der ambulanten Kinderchirurgie gemacht und das war sozusagen unser tägliches Brot. Ich bin darüber zu der Ansicht gelangt, dass man es wie jede OP nur bei der entsprechenden Indikationsstellung (Phimosen...)*** [Phimose ist keine Indikationstellung zur Zirkumzision, noch nicht mal zwangsläufig eine Krankheit] machen sollte (erst recht, wenn es sich um Kinder handelt, die wohl kaum selbst entscheiden können). Auch wenn ich ziemlich sicher weiß, dass auch Männer mit ohne Vorhaut ziemlich viel Spaß am Sex haben können und ich ohne hübscher finde- aber das ist kein Grund. ;-)

    Man kann eine Cici ambulant ab einem halben Jahr in Vollnarkose machen, bei noch kleineren Kindern wird wegen der höheren Komplikationsrate nicht ambulant operiert. Auch in diesem Alter und darüber hinaus kann es natürlich zu Komplikationen kommen, die aber sicher nicht höher, eher niedriger als bei Erwachsenen sind.

     

    Bei ein-bis zwei Monate alten Kindern wird die Beschneidung in örtlicher Betäubung gemacht (Peniswurzelblock) bisher die einzige Op, bei der ich aus lauter Mitleid mit diesen kleinen Würmchen am liebsten rausgegangen wäre, die schreien wie am Spieß. Hierbei handelt es sich dann eigentlich immer um eine kulturelle Beschneidung.

     

    Die Vorhaut wird dabei auf einen Plastikring gezogen, der dann also zwischen Vorhaut und Eichel liegt und dann mit einem dünnen Faden abgebunden. Sie fällt dann nach ein paar Tagen von selber abSoweit die Theorie. In der Praxis habe ich es erlebt, dass ein Teil der Vorhaut nicht mit abgegangen war und dann manuell nachbeschnitten werden musste- wieder die ganze Prozedur, ein kreischendes Baby, das von mehreren Leuten festgehalten werden musste, sehr blasse Eltern, ... Wahrscheinlich gibts auch noch andere Methoden, aber das ist die die ich kenne.

    Achja und dass die Vorhaut mit der Ejakulation zu tun hat, glaub ich auch weniger...

     

    ***[Phimose ist keine Indikationstellung zur Zirkumzision, noch nicht mal zwangsläufig eine Krankheit]

     

    Gefunden auf

    http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/betroffene/die-schreien-wie-am-spiess.html

  • E
    emil

    ich fände es lustiger piercings zu verbieten. ein staat der zulässt, dass sich seine mitmenschen löcher durch diverse körperteile nageln um dann etwas durchzustecken?! kommt mir auch sehr grenzdebil vor :)

  • HL
    Hauke Laging

    Wo ist das Problem? Es geht hier doch gar nicht um medizinische, sondern um nichtmedizinische Eingriffe.

  • A
    Anna

    Beschneidung im Kindesalter gehört zur Religionsfreiheit?

     

    Ich würde das umgekehrt sehen. Denn egal, welche Religion der Junge als erwachsener Mann hat und was er zu Beschneidung denkt, die Vorhaut ist weg.

     

    Ein irreversibler Eingriff an einem Minderjährigen ist ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit des Betroffenen!

  • O
    ohno

    Die in bestimmten Kreisen übliche, objektiv anlasslose Beschneidung ist medizinisch?

     

    Ich dachte, es sei abergläubisch.

  • N
    NetReaper

    Eltern dürfen also unumkehrbare Körpermodifikationen an ihren Kindern durchziehen, auch an deren Geschlechtsteilen. Und zwar ohne deren Zustimmung und ohne direkte medizinische Notwendigkeit.

     

    Interessant, das muss ich mir unbedingt merken.