Forschungsprojekt abgeschlossen: Hummer muss nicht aussterben

Die Umweltbedingungen vor der Insel Helgoland sind nach wie vor geeignet. Mit Zucht könnte die frühere Population wieder erreicht werden, glauben Wissenschaftler.

Könnte vom Menschen gerettet werden: der Hummer. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Hummer auf dem Felssockel Helgolands könnte eine neue Glanzzeit erleben. Voraussetzung dafür wäre, dass ihm der Mensch kräftig unter die Arme greift. Das hat ein Forschungsprojekt des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) ergeben, das dieser Tage abgeschlossen wird. Würden die Tiere in großem Stil gezüchtet und auswildert, ließe sich die Population auf ein Niveau wie vor dem Zweiten Weltkrieg heben, prognostizieren die Wissenschaftler.

Der Helgoländer Hummer, das Wappentier der Hochseeinsel, ist heute ein einsames Wesen. Statt deutlich einer Million kriechen nur noch um die 100.000 Tiere durch die Klüfte der Insel. Die Population ist Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre eingebrochen. Danach ist der Hummer streng geschützt worden. "Ziel des Projektes war es, herauszufinden, warum sich die Population trotz der Schutzmaßnahmen nicht erholt hat", sagt Heinz-Dieter Franke vom AWI.

Seit 1998 haben er und seine KollegInnen jährlich im Schnitt 1.000 ein- und zweijährige markierte Hummer vor Helgoland ausgesetzt, zuletzt 300 Stück am vergangenen Wochenende. Daran, wie viele später in den Reusen der Fischer landeten, versuchten sie zu erkennen, wie gut deren Überlebenschancen waren.

Hummer leben an felsigen Küsten. Sie sind nachtaktiv und Einzelgänger.

Zwei Arten gibt es: amerikanische und europäische. Das meiste, was hier auf dem Teller landet, kommt von der amerikanischen Ostküste.

Ein Hummer kann bis zu 100 Jahre alt, 70 Zentimeter lang und neun Kilo schwer werden. Geschlechtsreif werden Hummer mit etwa sechs Jahren. Die meisten kommen mit 30 Zentimetern auf den Tisch.

Preis: Zwischen 30 bis 50 Euro pro Kilo, je nach Abnahmemenge.

Warum die Population zusammengebrochen sei, könne heute kein Mensch mehr nachvollziehen, sagt Franke. Möglicherweise liege das an der Bombardierung und Sprengung der Insel im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg. Dabei gerieten große Mengen Spreng- und Treibstoffe ins Wasser, die das hoch empfindliche Riechorgan der Tiere störten und sie damit orientierungslos machten.

Außerdem hat der Klimawandel den Lebensraum der Tiere verändert. Die Wassertemperatur in der Nordsee ist in den vergangenen 40 Jahren um 1,1 Grad gestiegen. Milde Winter lassen die Larven früh schlüpfen. Weil das Wasser aber noch kalt ist, verlängert sich das Larvenstadium der Hummer, in dem sie leicht gefressen werden können.

Trotzdem hat der Hummer eine Chance: "Wir glauben, dass ein großes Aufstockungsprogramm dazu führen könnte, dass eine Population entstünde, die ertragreich zu befischen wäre", sagt Franke. Die heutige Population sei so klein, dass sie ständig vom Aussterben bedroht sei, weil die Hummer Probleme haben, einen Sexualpartner zu finden.

Eine Population wie in früheren Zeiten wäre nicht nur für die Fischer ein Segen sondern auch für den Artenreichtum am Helgoländer Felssockel. Der Hummer als Allesfresser sei der "oberste Regulator" im dortigen Nahrungssystem. Wenn er fehle, breiteten sich die Arten auf der mittleren Ebene unmäßig aus.

Um das Ökosystem ins Lot zu bringen, müssten aber sehr viel mehr Hummer ausgewildert werden als bei der Forschung. Das ist teuer. Franke schätzt, dass 1,5 bis 2,5 Millionen Euro ausgegeben werden müssten - sei es vom Staat oder einer Stiftung.

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