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Unilever und die PrimatenforscherinHamburg adelt Urwaldvernichter

Die Primatenforscherin Jane Goodall wird in der Unilever-Konzernzentrale zur Botschafterin der Umwelthauptstadt Europas ernannt. Die Firma zählt zu den größten Verbrauchern umweltschädlichem Palmöls.

In besserer Gesellschaft: Jane Goodall besucht die Gorillas im nordspanischen Naturreservat Cabarceno. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Affenforscherin Jane Goodall soll Werbung für umweltfreundliche Großstädte machen. In der Zentrale des Lebensmittelriesen Unilever wird sie am Sonnabend zur Botschafterin für die Europäische Umwelthauptstadt 2011, Hamburg, ernannt. Die Umweltorganisation Robin Wood hält diesen Ort für falsch gewählt. "Wir glauben, dass Unilever der schlechteste Gastgeber in Hamburg ist, den man sich vorstellen kann", sagt der Umweltschützer Peter Gerhardt. Schließlich sei der Lebensmittel- und Haushaltschemie-Konzern einer der größten Abnehmer von Palmöl weltweit, einem Produkt, für das im großen Stil Regenwald vernichtet wird.

Der Titel "Umwelthauptstadt Europas" (European Green Capital) wird von der EU verliehen. Hamburg hat den Zuschlag erhalten, weil es bei vielen Themen als Vorbild taugt. Sei es bei der Wärmesanierung, den Sonnenkollektoren oder der Abwasserklärung. Außerdem schien Hamburg als Werbeträger für den Gedanken der nachhaltigen Metropole geeignet.

Das Ganze kostet eine Menge Geld - allein ein "Zug der Ideen", der 17 europäische Großstädte anfährt, vier Millionen Euro. Deshalb hat der damalige schwarz-grüne Senat Sponsoren gesucht. Auch Unilever gehört zu den Geldgebern und darf sich daher im Glanz der Umwelthauptstadt sonnen, zumal seine neue Unternehmenszentrale in der Hafencity auf Nachhaltigkeit hin konzipiert ist.

Umwelt als Plus

Hamburg wie Unilever wollen mit dem Thema Umwelt punkten.

Nachhaltigkeit bedeutet, heute so zu wirtschaften, dass auch künftige Generationen ein gelungenes Leben führen können.

Europäische Umwelthauptstadt ist ein Titel, mit dem die EU ihre Städte anspornen will. Stockholm trug den Titel zuerst. 2012 folgt die baskische Regionalhauptstadt Vitoria-Gasteiz, 2013 Nantes.

RSPO, der "Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl", ist nicht die erste Initiative, mit der Unilever die Umweltverträglichkeit seiner Produkte fördert. In den 90ern gründete er zusammen mit dem Umweltverband WWF den Marine Stewardship Council, der nachhaltige Fischerei zertifiziert.

Aus Sicht von Robin Wood reiche das nicht, solange das Unternehmen durch seinen Palmölverbrauch dafür mitverantwortlich sei, dass Menschen von ihrem Land vertrieben werden und der Lebensraum für Tiere wie den Orang Utan immer kleiner wird. Die Umweltschützer haben den Senat deshalb aufgefordert, Goodall nicht ausgerechnet bei Unilever zur Umweltbotschafterin zu ernennen. "Paradoxer geht es nicht", heißt es in dem Brief. "Eine Aktivistin für Menschenaffen wird Umweltbotschafterin und ein Konzern, der für die Ausrottung der Menschenaffen mitverantwortlich ist, darf den Gastgeber spielen."

Die Hamburger Umweltbehörde verweist darauf, das Unilever als Sponsor vom Beirat der Umwelthauptstadt geprüft worden sei. "Das Unternehmen ist eines der umweltfreundlichsten und nachhaltigsten Europas", versichert Behördensprecher Volker Dumann. Ohne Konzerne wie Unilever sei eine Energiewende nicht machbar.

Robin Wood hält dagegen, dass Unilever zumindest beim Palmöl seinem eigenen Nachhaltigkeitsanspruch nicht gerecht werde. Seine Nachfrage nach dem billigen Fett für Rama, Knorr und Dove heize den Palmöl-Boom an und trage dazu bei, dass immer mehr artenreicher Regenwald in Palmenplantagen verwandelt werde.

Mit dem Wald verschwinden ganze Tier- und Pflanzenarten; er geht als Kohlendioxid-Speicher verloren, und immer wieder kommt es zu Konflikten zwischen der lokalen Bevölkerung und den Palmölkonzernen, die Anspruch auf deren Land anmelden. Dabei schreckten manche Palmöl-Erzeuger nicht vor Drohungen gegen die Dorfbevölkerung zurück, berichtet Gerhardt, der für Robin Wood vor Ort in Indonesien war.

Aufgrund der anhaltenden Kritik, hat Unilever zusammen mit anderen Unternehmen und Umweltverbänden einen "Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl" (RSPO) gegründet. Er setzte sich zum Ziel, nachhaltige Kriterien für die Palmölerzeugung zu entwickeln. Robin Wood misstraut jedoch dem RSPO - allein schon deshalb weil im Vorstand mehr Unternehmensvertreter als Repräsentanten von Kleinbauern und Umweltverbänden sitzen. "Das ist eine Greenwashing-Geschichte", behauptet der Robin-Wood-Mitarbeiter Gerhardt. Angesichts der heute schon eingetretenen Verluste dürfe gar kein Wald mehr gerodet werden.

Unilever sehe das genauso, sagt Firmensprecher Merlin Koene. Das Unternehmen beziehe kein Palmöl von neu gerodeten Flächen mehr und sei führend dabei, für Nachhaltigkeit bei der Palmölproduktion zu sorgen. Die Regeln des RSPO seien zwar noch nicht perfekt, dennoch gelte: "Das ist der beste Standard, den es im Moment gibt."

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10 Kommentare

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  • J
    jantiff

    Unilever steht auf der Kundenliste eines der größten Tierversuchskonzerne der Welt: Covance. Und die machen (sprich: im Auftrag von Unilever) grausame toxikologische Lanzeitversuche mit Affen (Youtube), die Jane Goodall aufs Schärfste verurteilt, ganz gleich, ob diese dem Menschen etwas nutzen oder nicht.

     

     

    Jane Goodall als Botschafterin für eine Firma einzuspannen, die Affen quälen lässt. Man fasst es nicht . . .

     

     

     

    „Es ist einfach eine Tatsache, dass in sehr sehr vielen Labors die Tiere schlecht behandelt werden. Die Dinge, die ich gesehen habe, machen mich krank, richtig krank . . .“

     

    Jane Goodall

  • R
    Robert

    Bei allem Verständnis für die Kritik: Warum taucht in dem Artikel nicht ein Statement von Frau Goodall auf? Hat der Autor sich die Mühe gemacht, Jane Goodall nach ihrer Meinung zu fragen? Ist ,,eigentlich" eine journalistische Grundregel. ,,Hamburg adelt Umweltvernichter" - wird der Sache auch nicht gerecht. Aber wahrscheinlich geht's auch bei der taz mittlerweile um andere Effekte. Schade.

  • FF
    Frau F.

    Sollte Hamburg zusammen mit der Schweinerei- Firma Unilever diese anmaßende Schmierenkomödie tatsächlich so inszenieren, darf Frau Goodall den Preis im Namen ihrer eigenen Sache nicht annehmen!

    Und Hamburg sollte den Titel Umwelthauptstadt am besten auch gleich wieder abgeben, mit der Glaubwürdigkeit ist es mit einem Sponsor wie Unilever sowieso vorbei...

  • T
    Twilly

    Na, ich vermisse hierbei eine ganz entscheidende Kraft welche hierbei die Weichen richtig stellen könnte - Madame Goodall fällt hier für mein Empfinden nämlich stark in den Hintergrund. Sie ist doch diejenige um den Daumen hier ins richtigte Auge zu drücken... Unter diesen Umständen die Ernennung verweigern (Die Ranicki- Methode) wäre hier das beste Zeichen. Im Grunde wäre es sogar ihre Pflicht so zu reagieren... Sie repräsentiert doch den Schutz der Tiere und deren Lebensraum. Aber überlassen wir ruhig imperialistischen pseudo umweltengagierten (RSPO = lächerlich!) Großkonzernen das Korruptionssteuer. Mit der derartigen Annahme dieser Ernennung verliert man ja wohl noch mehr Respekt und auch Hoffnung auf Menschen die solche Gelegenheiten einfach Widerstandslos dahinplätschern lassen... unfassbar! Naja... wer mit dem Strom schwimmt, kommt nie zur Quelle

  • HS
    henry stratford

    Konventionelle Konsumgüterkonzerne sind nie "umweltfreundlich" und werden es - profitmaximiert wie sie verfasst sind - auch niemals sein. Genauso wird Hamburg nie seinem angedichteten Ruf als "Umwelthauptstadt" gerecht werden, auch nicht mit öffentlichen Weisswaschungen durch Prominente. Das werden die "führenden" Hamburger Spezialdemokraten nie kapieren, denn ihre selbstgesteckten Verständnisgrenzen sind traditionell sehr eng gezogen.

     

    Interessanter hätte ich einige erläuternde Hinweise auf Jane Goodalls Lebensziel und praktisches Wirken gefunden. Immerhin hat sie es verstanden, mit ihren Veröffentlichungen über das soziale Leben der Affen unser anthropozentrisches Denken gründlich in Frage zu stellen und für Alternativen zugänglich zu machen.

    Aber das war zu einer Zeit, als die TAZ-Journalisten noch ungeboren und die Bücher Jane Goodalls in Deutschland noch massenhaft ungelesen waren. Trotzdem: danke Jane für dein artgerechtes Mensch-/Tierverständnis.

     

    Insofern ist nicht das Event selbst, sondern die Botschaft ihrer Hauptperson das Interessante daran.

  • J
    jantiff

    Unilever steht auf der Kundenliste eines der größten Tierversuchskonzerne der Welt: Covance. Und die machen (sprich: im Auftrag von Unilever) grausame toxikologische Lanzeitversuche mit Affen (Youtube), die Jane Goodall aufs Schärfste verurteilt, ganz gleich, ob diese dem Menschen etwas nutzen oder nicht.

     

     

    Jane Goodall als Botschafterin für eine Firma einzuspannen, die Affen quälen lässt. Man fasst es nicht . . .

     

     

     

    „Es ist einfach eine Tatsache, dass in sehr sehr vielen Labors die Tiere schlecht behandelt werden. Die Dinge, die ich gesehen habe, machen mich krank, richtig krank . . .“

     

    Jane Goodall

  • R
    Robert

    Bei allem Verständnis für die Kritik: Warum taucht in dem Artikel nicht ein Statement von Frau Goodall auf? Hat der Autor sich die Mühe gemacht, Jane Goodall nach ihrer Meinung zu fragen? Ist ,,eigentlich" eine journalistische Grundregel. ,,Hamburg adelt Umweltvernichter" - wird der Sache auch nicht gerecht. Aber wahrscheinlich geht's auch bei der taz mittlerweile um andere Effekte. Schade.

  • FF
    Frau F.

    Sollte Hamburg zusammen mit der Schweinerei- Firma Unilever diese anmaßende Schmierenkomödie tatsächlich so inszenieren, darf Frau Goodall den Preis im Namen ihrer eigenen Sache nicht annehmen!

    Und Hamburg sollte den Titel Umwelthauptstadt am besten auch gleich wieder abgeben, mit der Glaubwürdigkeit ist es mit einem Sponsor wie Unilever sowieso vorbei...

  • T
    Twilly

    Na, ich vermisse hierbei eine ganz entscheidende Kraft welche hierbei die Weichen richtig stellen könnte - Madame Goodall fällt hier für mein Empfinden nämlich stark in den Hintergrund. Sie ist doch diejenige um den Daumen hier ins richtigte Auge zu drücken... Unter diesen Umständen die Ernennung verweigern (Die Ranicki- Methode) wäre hier das beste Zeichen. Im Grunde wäre es sogar ihre Pflicht so zu reagieren... Sie repräsentiert doch den Schutz der Tiere und deren Lebensraum. Aber überlassen wir ruhig imperialistischen pseudo umweltengagierten (RSPO = lächerlich!) Großkonzernen das Korruptionssteuer. Mit der derartigen Annahme dieser Ernennung verliert man ja wohl noch mehr Respekt und auch Hoffnung auf Menschen die solche Gelegenheiten einfach Widerstandslos dahinplätschern lassen... unfassbar! Naja... wer mit dem Strom schwimmt, kommt nie zur Quelle

  • HS
    henry stratford

    Konventionelle Konsumgüterkonzerne sind nie "umweltfreundlich" und werden es - profitmaximiert wie sie verfasst sind - auch niemals sein. Genauso wird Hamburg nie seinem angedichteten Ruf als "Umwelthauptstadt" gerecht werden, auch nicht mit öffentlichen Weisswaschungen durch Prominente. Das werden die "führenden" Hamburger Spezialdemokraten nie kapieren, denn ihre selbstgesteckten Verständnisgrenzen sind traditionell sehr eng gezogen.

     

    Interessanter hätte ich einige erläuternde Hinweise auf Jane Goodalls Lebensziel und praktisches Wirken gefunden. Immerhin hat sie es verstanden, mit ihren Veröffentlichungen über das soziale Leben der Affen unser anthropozentrisches Denken gründlich in Frage zu stellen und für Alternativen zugänglich zu machen.

    Aber das war zu einer Zeit, als die TAZ-Journalisten noch ungeboren und die Bücher Jane Goodalls in Deutschland noch massenhaft ungelesen waren. Trotzdem: danke Jane für dein artgerechtes Mensch-/Tierverständnis.

     

    Insofern ist nicht das Event selbst, sondern die Botschaft ihrer Hauptperson das Interessante daran.