Kandidaten-Karussel beim HSV: Marko Morton van Stevens Hrubesch

Die Trainersuche bei den Hanseaten wird zur Nagelprobe für Sportchef Frank Arnesen. Interimscoach Cardoso will erst mal "Leben in die Mannschaft" bringen.

Wünscht sich einen "echten Typen": HSV-Kapitän Heiko Westermann. (no logo) Bild: dpa

HAMBURG taz | Vielleicht war das ja die Lösung, um der Flut an Gegentoren Einhalt zu gebieten. Zum Anfang einer Trainingseinheit hat Rodolfo Esteban Cardoso anfangs einfach alle 17 Erstliga-Profis gegen die zweite Mannschaft antreten lassen, um das Verschieben in geschlossener Verteidigungslinie zu üben.

Vielleicht sind ungewöhnliche Übungen in außergewöhnlichen Zeiten ja eine Hilfestellung für einen heillos verunsicherten Hamburger SV, der als Tabellenletzter Freitag beim VfB Stuttgart (20.30 Uhr) antritt. Viel spricht dafür, dass Cardoso am rechten Flügel einen Überraschungsgast präsentiert: Romeo Castelen.

Der ewig verschollene Niederländer steht zwar schon seit 2007 in Hamburg unter Vertrag, hat aber wegen einer vermaledeiten Verletzungsmisere nur 15 Bundesligaspiele gemacht. Seine jüngste Empfehlung: fünf Tore für den HSV II, Tabellenführer der Regionalliga Nord. Sein Trainer: Cardoso.

Der 42-Jährige Trainer mag gar nicht viel reden, er werde keine Sprüche machen, "davon haben die Jungs zuletzt genug gehabt". Er will zuerst "Leben in die Mannschaft bringen". Der Argentinier hat sich schon in seiner Zeit als Spieler in Freiburg, Bremen und Hamburg mehr auf sein Gefühl als seinen Verstand verlassen, und viele sagen, aus dem Instinktfußballer sei ein Instinkttrainer geworden.

Morton Olson, hören Sie mich?

Dem fehlt allerdings die Fußballlehrer-Lizenz, weshalb mit Hochdruck nach einem neuen Heilsbringer gefahndet wird. Frank Arnesen telefoniert sogar dann, wenn er aus einem Golfcar den Trainingsbetrieb beäugt. Es heißt, der Däne gebe sehr häufig die "0045" ein – die Vorwahl seines Heimatlandes.

Am liebsten hätte der 54-Jährige bereits Landsmann Morten Olsen verpflichtet und damit das Dutzend an verschiedensten HSV-Trainer im vergangenen Jahrzehnt vollgemacht – dummerweise ist Dänemarks Nationaltrainer ungern vertragsbrüchig, und eine Beschäftigung in Doppelfunktion scheint schwer vorstellbar. Michael Laudrup, auch ein Däne, hat bereits abgesagt.

Doch im Kandidatenkarussell rotieren ja auch noch der an der Elbe extrem beliebte niederländische Defensivfanatiker Huub Stevens und der weltmännische Offensivliebhaber Marco van Basten. Der zerstrittene Aufsichtsrat bringt zudem deutsche Szenarien mit Horst Hrubesch und Thomas von Heesen ins Spiel.

Die Trainersuche wird auch dadurch nicht seriöser, dass Vorstandschef Carl-Edgar Jarchow eine öffentlichkeitswirksame Absage an Lothar Matthäus formuliert hat. Es mehren sich Indizien, dass Jarchow in der Branche genauso wenig ernst genommen wird wie Arnesen, über den sich wichtige deutsche Berater wegen seiner mangelnden Bundesliga-Kenntnisse bereits lustig machen.

Auch der HSV-Sportdirektor wackelt

Die Suche wird für Arnesen zur Meisterprüfung – geht diese wichtigste Personalentscheidung schief, steht auch seine Position auf dem Prüfstand. Dass Arnesen allein den Umbruch für die Talfahrt vorschiebt, ist eine billige Ausrede. Fürs Mittelmaß müsste ein mit fast 40 Millionen Euro entlohnter Kader, in dem 18 aktuelle oder ehemalige Nationalspieler stehen, immer noch taugen.

Zuletzt stellte der HSV mit 26,6 Jahren das fünftälteste Bundesliga-Team, das allerdings bislang ausgepumpt (fünf Gegentore in der Schlussphase), unkonzentriert (acht Standard-Gegentore), unmotiviert (geringe Laufleistung) und undiszipliniert auftrat.

"Wir brauchen einen echten Typen", sagt Westermann, "einen stabilen Mann". Michael Oenning war das wohl nicht, aber niemand darf sich negativ über Oenning äußern. Westermann mag sich ohnehin nicht mehr zu viele Gedanken machen: "Denken ist manchmal falsch. Einfach auf den Platz gehen und nicht denken."

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