Kritik an Obamas Abzugsplänen im Irak: "Nicht einfach Uniformen austauschen"
Für seine Truppenabzugsankündigung erhält Obama kaum Beifall. Die Rechten werfen ihm politisches Kalkül vor, die Linken warnen vor nachrückenden Privatsöldnern.
WASHINGTON taz | Militärisch sieht es so aus, als hätte Barack Obama eine Serie von Erfolgen, bei denen er als starker Mann auf der richtigen Seite steht: Nach der Tötung von Osama bin Laden und nach dem Ende des Regimes von Muammar al-Gaddafi - beides hatte er in direkten Ansprachen an sein Volk verkündet -, meldet der US-Präsident den Abzug der US-Soldaten aus dem Irak bis zum Jahresende. "Das habe ich im Wahlkampf versprochen", sagt er. Redet von der "zurückgehenden Welle von Kriegen". Und von der kommenden "neuen Phase normaler Beziehungen" zwischen den USA und dem Irak, die im Januar 2012 beginnen würde: "im gegenseitigem Interesse und Respekt".
Eine Million US-Soldaten haben in dem Krieg gekämpft, den Expräsident George W Bush im März 2003 wegen inexistenter Massenvernichtungswaffen begonnen hatte. 4.500 US-Soldaten haben ihr Leben verloren. Mehr als 32.000 wurden schwer verletzt. Zigtausende kamen mit bleibenden psychischen Schäden zurück. Im Vergleich mit den Opfern der irakischen Bevölkerung sind diese Zahlen gering. Doch in den USA, wo der Irak-Krieg – anders als der schon im Oktober 2001 gegen Afghanistan begonnene - von Anfang an umstritten war, wiegen sie schwer. Insbesondere in Bundesstaaten wie Kalifornien und Texas, aus denen jeweils mehr als 300 gefallene Irak-Kriegs-Soldaten stammen.
Dennoch brandet kein Beifall in den USA auf, als Obama am Freitag den Abzug bekannt gibt. Von mehreren republikanischen Präsidentschaftskandidaten kommt umgehend Kritik. Mitt Romney kontert mit der Frage: "Ist es blankes politisches Kalkül oder Unfähigkeit mit der irakischen Regierung zu verhandeln?" Für ihn hat Obama dabei "versagt, im Irak für einen ordentlichen Übergang" zu sorgen. Ein zweiter republikanischer Kandidat, Rick Perry, gibt sich besorgt, dass Obama seine eigenen politischen Pläne "vor die militärischen und Sicherheitsfragen" gestellt habe.
Weltweit größte US-Botschaft
Doch auch von der Linken kommen Skeptizismus und Kritik. Viele Kriegsgegner in den USA wollen erst an den vollständigen Truppenabzug glauben, wenn er wirklich vollzogen ist. Andere warnen vor den nachrückenden privaten Söldnern. "Die Ankündigung bedeutet, dass wir eine US-Besatzung durch eine andere ersetzen werden. Das wird weiterhin Unstabilität und Gewalt im Irak und der Region anfachen. Und es ist nicht klar, ob das Volk einen Unterschied spüren wird", reagiert der demokratische Kongressabgeordnete Dennis Kucinich aus Ohio: "Wir müssen wirklich rausgehen, nicht einfach Uniformen und Personal austauschen."
Private US-amerikanische Unternehmen treten in die Fußstapfen der US-Soldaten im Irak. Allein 4.500 bis 5.000 private Sicherheitsleute bewachen künftig die beiden US-Konsulate und die Botschaft in Bagdad, die in den Jahren des Krieges zur größten US-Botschaft der Welt wurde. Laut Washington Post wird das US-Aussenministerium 16.000 zivile Angestellte im Irak haben. Hinzu kommen zahlreiche weitere US-Subunternehmen, die für die Sicherheit im Öl-, Transport- und Bausektor im Irak sorgen werden.
Die irakische Regierung hat den US-Truppenabzug verlangt. Aber bei den traditionellen US-Verbündeten in Ankara gilt er als verfrüht. "Die USA haben ein Durcheinander im Irak angerichtet, das noch nicht annähernd aufgeräumt ist", heißt es in türkischen Diplomatenkreisen. Wenige Stunden bevor Obama ankündigt, dass er seine Soldaten bis Weihnachten aus dem Irak abziehen wird, beginnen türkische Soldaten im Norden des Irak eine Militärattacke. Für den Irak steht fest: Der Krieg geht weiter - auch nach dem Abzug der USA.
Leser*innenkommentare
Günter Drohne
Gast
Was sollen diese Kinderaufsätze über Herrn Cho, der Irak besenrein verlässt mit Black Adder. Wo wird dieser Quatsch abgeschrieben? Vor Ort etwa? Freue mich schon auf die Artikel, wenn die Deutschen aus Afghanistan abziehen. Der letzte macht das Licht aus kommt immer gut. Ein Krieg ist immer dreckig, grausam und unmoralisch und hat immer einen materialistischen Hintergrund, auch wenn er angeblich für Frieden, Freiheit und Demokratie geführt wird und die ultima ratio sein sollte, was allerdings in unseren aggressiven Demokratien nicht viel heißt. Es erfordert vom Menschen schon einiges Triebpotential, wenn er auf Befehl andere Menschen töten soll. Dazu muss man abgerichtet werden. Vielleicht einmal ein neuer Artikel in der TAZ: Wie werden amerikanische Soldaten (nicht nur die) für ihre Militäreinsätze abgerichtet? Das ist Demokratie wie sie lebendiger nicht sein kann. Frohes Fest oder peace on earth.
Bernhard Mock
Gast
Eine Anmerkung zum Artikel "Skepsis statt Jubel über US-Abzugspläne" in der Taz von Heute 24.10.2011.
Hat sich mal jemand das Foto zum Artikel angeschaut ?
Der Text dazu lautet : "US-Soldaten auf Patrouille in Bagdad im März 2009"
Also, beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen das 2009 eine Patrouille unbewaffnet nur geschützt durch Ihre Klamottensäcke so locker durch Bagdad gestiefelt ist.
Warum druckt Ihr so ein blödsinniges Fotos zu diesem Artikel ab, um Fläche zu füllen ?
Das habt Ihr nicht nötig, aber anscheinend eine Bilderkontrolle.
MfG
B.Mock
GWalter
Gast
Sie sind im Irak (auch sonst wo) nicht nur Fremde geblieben, sondern viele Soldaten haben sich dort SCHULDIG gemacht.
Der Irak war nicht bereit schuldige US-Soldaten unbestraft zu lassen, und so müssen nun alle Soldaten abziehen. Eigentlich sollten etwa tausen im Land bleiben.
Dieser Krieg wurde von den USA begonnen, weil Saddam das Öl nicht ausschließlich in Dollar abrechnen wollte (heute fast die einzigen Einnahmen der USA)
So sieht die Interessenlage in der Welt aus....die USA dürfen ALLES und Russland und China sind die BÖSEN weil sie nicht die Interessen DER USA haben.
Dafür haben die USA ja die gekauften EUROPÄISCHEN POLITIKER als Beifall klatschende Helfer, die die Interessen der USA über die der eigenen Bürger stellen!
Tolle Weltordnung !!??