Schwarz-Gelb diskutiert Rente mit 67: Neues Jahr, neuer Streit
Nach seiner Kritik an der Rente mit 67 steht nun CSU-Chef Seehofer selbst in der Kritik. Sowohl FDP als auch CDU sind verärgert.
BERLIN dpa | CSU-Chef Horst Seehofer hat mit seiner Kritik an der Rente mit 67 den ersten Koalitionsstreit im neuen Jahr ausgelöst. Der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring griff den bayerischen Ministerpräsidenten umgehend an: "Ich bezweifle, dass Herr Seehofer mit dieser Antäuschung nach links sich und vor allem den Bürgern einen Gefallen tut", sagte Döring der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Die zu Jahresbeginn gestartete, schrittweise Einführung der Rente mit 67 bis zum Jahr 2029 sei richtig und sozial. "Wir Liberale stehen dazu."
Auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verteidigte das neue Rentenmodell. "Wenn wir generationengerecht bleiben wollen zwischen den Alten, die die wohlverdiente Rente brauchen, und den Jungen, die diese erarbeiten müssen, dann ist der Weg, zwei Jahre länger arbeiten zu müssen, der richtige", sagte von der Leyen am Montag im Deutschlandfunk. "Die Alternative wäre Rentenkürzung oder Beiträge rauf, und beides ist meines Erachtens nicht zumutbar."
Der gewählte Weg, das Rentenalter schrittweise von 65 auf 67 zu erhöhen, sei "eine der fairsten und gerechtesten Lösungen, die wir finden konnten in der Gesellschaft".
Seehofer hatte am Wochenende gewarnt, dass die Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer über 50 sich spürbar verbessern müssten. "Sonst wird die Verlängerung der Lebensarbeitszeit zur faktischen Rentenkürzung", sagte er der Bild am Sonntag. Darüber müsse eine breite öffentliche Debatte geführt werden. "Mit mir ist eine massenhafte Rentenkürzung nicht zu machen."
Ruf nach flexiblen Rentenmodellen
Ex-Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) sagte im rbb-Inforadio, dass es natürlich Menschen gebe, die nicht bis 67 arbeiten könnten. Dennoch sei die Verlängerung der Lebensarbeitszeit unausweichlich gewesen. "Insgesamt ist es richtig, um die Alterssicherung insgesamt für die Zukunft stabil zu halten, diesen Weg von 65 auf 67 hin zu gehen", sagte Müntefering.
Aus der Wirtschaft kam der Ruf nach flexiblen Rentenmodellen. Der Präsident des Verbandes der Familienunternehmer, Lutz Goebel, sagte im Deutschlandradio Kultur, wer länger arbeiten wolle als bis zum 67. Lebensjahr, solle die Möglichkeit bekommen, das auch zu tun - vorausgesetzt, Arbeitnehmer und Arbeitgeber wollten das.
Der Arbeitgeberverband BDA erklärte, die Rente mit 67 sei unverzichtbar, um die Finanzierbarkeit der Renten zu sichern. Zugleich seien die Betrieben wegen des Fachkräftemangels immer häufiger auf Ältere angewiesen. So habe sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigen im Alter von 60 bis 64 Jahren in den letzten zehn Jahren auf über 1,2 Millionen verdoppelt.
Leser*innenkommentare
axel
Gast
Das nenn ich doch Populismus: Selbst mitbeschlossen und nun ein bischen wahltaktisches, öffentlichkeitswirksames Umhergehampel, um dann wieder einzuknicken, abzunicken und die massive Rentenkürzung (beschlossen von CDU/CSU,FDP, SPD und Grünen) schönzureden.
Schade, daß die taz nicht klar Stellung bezieht.
Friedhelm Kraus-Behringer
Gast
Ist ja toll wenn der ehemalige Bundesarbeitsminister Müntefering erkennt das es Menschen gibt die nicht bis 67 arbeiten können. Wäre es dann aber nicht ehrlicher eine Lebensarbeitszeit zu vereinbaren? Das könnten zum Beispiel 40, 41, 42 oder auch 45 Jahre sein. Für den körperlich hart arbeitenden Menschen der oft mit 15 Jahren in die Berufswelt eingestiegen ist, könnte dies dann Ruhestand mit 55 Jahren bedeuten. Mit der geltenden Regelung aber bezahlen gerade diese Menschen, oft mit ihrer Gesundheit, ein angeblich gerechteres Rentenmodell.