Kommentar zur NRW-CDU: Im Herzen Atompartei
Norbert Röttgen soll sich entscheiden: zwischen NRW und Berlin. Die CDU muss sich entscheiden: zwischen Tradition und Modernisierung.
N orbert Röttgen ist ein Mann, der sich gerne doppelt absichert. Der CDU-Politiker wollte einst Industrielobbyist werden und zugleich Abgeordneter bleiben. Aktuell möchte er Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sein und im Falle einer Niederlage das Bundesland gleich wieder gen Berlin verlassen können. Damals musste er klein beigeben und dem Bundesverband der Industrie absagen. Jetzt dürfte es ähnlich laufen. Röttgen hat sich verkalkuliert.
Sein Pech ist, dass es einen Präzedenzfall in der deutschen Politik gibt, in dem die Kandidatin in ähnlicher Konstellation furios gescheitert ist: Renate Künast in Berlin, die mit der Rückfahrkarte in die Bundespolitik bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus grüne Stimmen und Glaubwürdigkeit verlor.
Dennoch: Es zeugt von Kaltblütigkeit, wie stark der Druck auf Norbert Röttgen aus den eigenen Reihen Ende der Woche anstieg. Tenor: Er soll erklären, dass er auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf gehen würde. Röttgen hat sich mit seiner schwarz-grünen Politik und seinem Vorpreschen beim Atomausstieg nach Fukushima in der Union Feinde gemacht. Diese zahlen es dem karrierebewussten Bonner nun mit kaum zu übersehender Freude heim.
Die plötzliche Schwäche und Verletzlichkeit Röttgens zeigt zugleich, wie schwer sich die Union wirklich mit den politischen Schwenks tut, die sie in den vergangenen Monaten mit scheinbarer Leichtigkeit vollzogen hat – vom Atomausstieg bis zu einer möglichen Frauenquote.
ist Parlamentskorrespondent der taz.
Die Union ist im Herzen eben doch die Partei der Atomkraft, der Unternehmen und der alten, traditionellen Bundesrepublik. Ein auf die Düsseldorfer Oppositionsbank abgeschobener Röttgen korrigierte das ins Wanken geratene Selbstbild. Wenigstens in einem Punkt.
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