: Aufklärung zugesagt
von WOLFGANG GAST
US-Außenministerin Condoleezza Rice hat eine baldige Aufklärung über angebliche CIA-Gefangenentransporte in Europa zugesagt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte nach einem Treffen mit Rice in Washington, die Besorgnis der europäischen Öffentlichkeit und der Parlamente werde in der US-Hauptstadt verstanden.
Die Informationen würden schon bald weitergegeben, sagte Steinmeier: „Es wird zeitnah und ausführlich eine Antwort auf den erwarteten Brief meines britischen Amtskollegen Jack Straw geben.“ Straw war von seinen Kollegen in der Europäischen Union mit einer Anfrage in Washington beauftragt worden. Seine Unterredung mit Rice bezeichnete Bundesaußenminister Steinmeier als „freundlich und gut“.
Vor dem Gespräch mit Steinmeier hatte Rice die umstrittenen vorbeugenden Verhaftungen von Personen gerechtfertigt: „Wir haben niemals einen Krieg geführt wie diesen. Man kann es dabei nicht zulassen, dass jemand erst ein Verbrechen verübt, bevor er festgenommen wird. Denn wenn diese Leute ein Verbrechen verüben, müssen tausende unschuldige Menschen sterben.“
Berichte, wonach der US-Geheimdienst CIA Terrorverdächtige in geheimen Gefängnissen in Europa und auf anderen Kontinenten interniert hält, wollte die Außenministerin weder dementieren noch bestätigen.
Rice will bei ihrem Europabesuch in der kommenden Woche den Konflikt entschärfen. Rice wird in Deutschland, Rumänien, bei der Europäischen Union in Brüssel sowie in der Ukraine erwartet. Außenamtssprecher Sean McCormack versprach „größtmögliche Vollständigkeit und Offenheit“.
Der Umgang mit Terrorverdächtigen hat offenbar schon kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zu heftigen Auseinandersetzungen in der US-Regierung geführt. Der Stabschef des damaligen Außenministers Colin Powell sagte gegenüber AP, Mitarbeiter von Vizepräsident Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hätten sich für einen skrupellosen Umgang mit Gefangenen ausgesprochen. Sie hätten die Ansicht vertreten, „dass der Präsident alles tun kann, was er will“. Die von George W. Bush schließlich verabschiedete Richtlinie zum Umgang mit Terrorverdächtigen sei ein Kompromiss gewesen, in der Praxis seien die Gefangenenaufseher dann aber dem Wunsch der Hardliner gefolgt.
Nach den Berichten über die getarnten Häftlingsflüge (siehe unten) und die Geheimgefängnisse, in denen es angeblich auch Folter gegeben habe, droht der US-Administration eine weitere Auseinandersetzung über die Terrorbekämpfung.
Die CIA unterhält der Washington Post zufolge in Europa, Asien und im Nahen Osten geheime Zentren zur Terrorabwehr. Die Counterterrorist Intelligence Centers (CTIC) genannten CIA-Büros im Ausland sollen weltweit Terrorverdächtige aufspüren und Netzwerke mutmaßlicher Terroristen infiltrieren. Ihre Informationen erhielten die CTICs aus der CIA-Zentrale in den USA, bei der Fahndung nach den Verdächtigen arbeiteten sie jedoch eigenständig und in Zusammenarbeit mit den örtlichen Geheimdiensten. CTICs gebe es unter anderem in Usbekistan und Indonesien.
In Paris hätten der französische Geheimdienst und die CIA gemeinsam das einzige multinationale Antiterrorzentrum eingerichtet. Von dort aus würden weltweit verdeckte Einsätze geführt. Codename des Zentrums sei „Alliance Base“. Dort arbeiteten auch Geheimdienstmitarbeiter aus Deutschland, Großbritannien, Kanada und Australien. Der Bericht der Washington Post datiert vom 18. November, wurde aber offenbar im Schatten der Auseinandersetzung über die Gefangenenflüge und Geheimgefängnisse nicht wahrgenommen.