Syrische Rebellen zuversichtlich: „Der Sieg ist nah“

Ein Kämpfer auf Fronturlaub in der Türkei wartet ungeduldig auf das letzte Gefecht gegen das Regime Assads. Für ihn ist der Präsident erledigt.

Trainingslager der Freien Syrischen Armee (FSA) in der Nähe von Idlib. Bild: dapd

BOHSIN taz | Wie lange wird es noch dauern, bis das Regime von Baschar al-Assad besiegt ist? Tage, Wochen oder gar Monate? Vor zehn Tagen klangen die Rebellen im türkisch-syrischen Grenzgebiet beinahe verzagt. Seit dem Anschlag auf die Militärführung am vergangenen Mittwoch in Damaskus ist die Frustration jedoch wie weggewischt.

„Der Sieg ist nah“, sagt Zakaria Omer. Durch den Anschlag verlor Assad vier führende Personen aus dem Sicherheitsapparat. Noch immer ist das Regime den Rebellen mit seiner Luftwaffe und Panzern haushoch überlegen, doch Kämpfer wie Omer sind sich sicher: Die Tage von Assad sind gezählt.

Vor zehn Monaten hat sich Omer der Freien Syrischen Armee (FSA) angeschlossen, gerade hat er einen dreimonatigen Kampfeinsatz hinter sich. Jetzt erholt sich der ergraute 42-Jährige in einem Flüchtlingslager östlich der südtürkischen Provinzhauptstadt Antakya.

Auf einem Gehöft in dem Weiler Bohsin sitzt er im Schatten eines Baumes und erzählt, wie das brutale Vorgehen des Regimes in den vergangenen Monaten immer mehr Zivilisten wie ihn in die Arme der Rebellen getrieben hat.

"Sie schossen auf uns"

„Ich wollte nicht kämpfen“, sagt Omer. „Aber wo immer wir für Freiheit demonstrierten, schossen sie auf uns, so viele wurden getötet.“ Allein aus seiner Verwandtschaft säßen heute 400 Personen im Gefängnis. „Irgendwann sagte ich mir, es reicht, und griff zur Waffe.“

„Liwa Tahrir“, Brigade der Befreiung, nennt sich die 150 Mann starke Einheit, der Omer angehört. Wie er stammen die Kämpfer aus der Gegend von Idlib, und wie er hatten die meisten keine Ahnung, wie man gegen eine übermächtige Armee Krieg führt.

Panzerfäuste und Sprengfallen

Omer hat keinen Beruf gelernt, seine siebenköpfige Familie brachte er jahrelang als Hilfsarbeiter auf den Baustellen des Libanon durch. Heute weiß seine Truppe, wie man einen Hinterhalt legt, Panzerfäuste abfeuert und Sprengsätze baut.

Die selbst gebauten Sprengfallen sind inzwischen eine der wichtigsten Waffen der Aufständischen. Benutzt wird alles, was der Schwarzmarkt hergibt oder nach Überfällen auf Munitions- und Warenlager erbeutet wird: Schwarzpulver, Dynamit, Plastiksprengstoff und Düngemittel.

Es sei ein Lernen durch Praxis gewesen, sagt ein anderer Kämpfer. Wie seinerzeit im Irak machen die Kämpfer in Syrien mit den Sprengsätzen einen Teil ihrer militärischen Unterlegenheit wett.

Militärexperten schätzen, dass inzwischen ein Viertel der Verluste auf Seiten der Armee auf ihr Konto gehen.

Waffen aus dem Ausland

„Die meisten unserer Waffen haben wir erbeutet“, sagt Omer. Darüber hinaus habe seine Einheit in den letzten Wochen aber auch Waffen aus dem Ausland erhalten. Es seien vor allem leichte Waffen wie Kalaschnikows und Panzerfäuste vom Typ B7 gewesen.

Finanziert werden die Waffenlieferungen von den reichen Golfstaaten. Ausgezeichnet nennt er die Unterstützung aus Saudi-Arabien, Katar, den Vereinigten Emiraten, aber auch der Türkei. „Vor vier Tagen haben wir acht Panzer zerstört“, sagt Omer. „Die meisten Gebiete um Idlib und Aleppo sind befreit.“

Am Freitag nahmen Kämpfer der FSA den wichtigen Grenzübergang an der Straße zwischen Aleppo und Antakya ein. Beobachter bestätigen, dass die Regimegegner inzwischen etliche Landstriche um Aleppo und Idlib kontrollieren. Geschlagen ist die Armee aber noch nicht.

Die Moral sinkt

Dörfer würden manchmal innerhalb weniger Tage abwechselnd von den Rebellen und der Armee kontrolliert, berichten syrische Aktivisten. Doch die Moral unter den Soldaten und Offizieren sinkt. Dutzende Soldaten und Offiziere haben sich vergangene Woche in die Türkei abgesetzt, unter ihnen mindestens vier Generäle.

Mit ihren Kenntnissen tragen die Deserteure nicht nur zur Verbesserung der Schlagkraft der Rebellen bei, sie versorgen sie auch mit wichtigem Insiderwissen der Armee. Obwohl es mittlerweile in Ansätzen so etwas wie eine Kommandostruktur gibt, operieren viele Rebellengruppen unabhängig voneinander.

Die Siegesgewissheit von Omer schmälert das nicht. „Baschar ist erledigt“, sagt er. „Ob es 24 Stunden oder 24 Tage dauert, ist nicht wichtig.“

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