: „Ein heikles Thema“
Diskussion zur Wehrmacht in Hamburg
■ 55, ist Mitarbeiter der Willi-Bredel-Gesellschaft Geschichtswerkstatt e. V. und Mitglied im Bündnis für ein Hamburger Deserteursdenkmal.
taz: Herr Senenko, warum braucht Hamburg ein Deserteursdenkmal?
René Senenko: Es gibt in Hamburg zwar 150 Kriegsdenkmäler, aber kein einziges, dass auf die NS-Wehrmacht und ihre Unrechtsjustiz gegenüber Deserteuren aufmerksam macht. Unser Bündnis setzt sich seit 2010 für die Errichtung eines Denkmals ein, das die Opfer in Hamburg würdigt. 2012 hatten wir dann Erfolg: Die Hamburger Bürgerschaft stimmte unserem Vorschlag zu. In den nächsten zwei Jahren wird das Denkmal wohl am Stephansplatz errichtet werden.
Warum kommt das Denkmal zum Stephansplatz?
Die Hamburger Deserteure saßen hier alle in Untersuchungshaft, bevor sie meist in Rahlstedt hingerichtet wurden. Das Gefängnis gibt es heute nicht mehr, aber genau deshalb sollte man die Menschen daran erinnern. Vielen ist nicht bewusst, was damals direkt vor ihrer Tür geschah.
Aber genügt ein Denkmal?
Nein, natürlich nicht, deshalb gibt es noch verschiedene Aktionen zu diesem Thema. Wir haben in Hamburg Wehrmachtsdeserteure ausfindig machen können, die als Zeitzeugen in die Schulen gehen, oder setzen uns zum Beispiel gegen militaristische Straßennamen ein.
Haben Sie denn in Hamburg Erfolg mit den Aktionen?
Bei unserer ersten Aktion wickelten wir das Kriegsdenkmal am Stephansplatz in schwarze Folie, da gab es kaum Resonanz in der Bevölkerung oder den Medien. Das ist jetzt schon besser geworden. In Hamburg ist die Wehrmacht-Gerichtsbarkeit immer noch ein heikles Thema. Einige der älteren Generation denken immer noch, dass Wehrmachtsdeserteure Vaterlandsverräter sind. INTERVIEW: AMN
Podiumsdiskussion zu Altonas NS-Vergangenheit mit René Senenko, Vertretern der Bezirks-Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und Linkspartei, dem Nordkirchen-Pastor Ulrich Hentschel sowie dem Historiker Magnus Koch: Samstag, 16 Uhr, Rathaus Altona