Anti-Islamisten-Kampagne: Postkarten am Anschlagsort verteilt
Ausgerechnet am Ort des NSU-Nagelbombenanschlags von Köln wurden Postkarten der umstrittenen Anti-Islamisten-Kampagne „Vermisst“ verteilt.
KÖLN dapd | Weil Postkarten einer Kampagne gegen die Radikalisierung junger Muslime ausgerechnet am Ort eines NSU-Anschlags verteilt wurden, steht das Bundesinnenministerium heftig in der Kritik. Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), nannte die Verteilaktion in der Kölner Keupstraße „hochgradig unsensibel“.
Scharfe Kritik an Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) äußerte die Linke. Anstatt die Verstrickung seiner Geheimdienste in den Skandal um die Neonazi-Terrorzelle NSU aufzuklären, schüre er rassistische Vorurteile gegen die in Deutschland lebenden Muslime, sagte Linke-Vorstandsmitglied Christine Buchholz am Mittwoch. Grünen-Chef Cem Özdemir warf Friedrich vor, „nichts verstanden“ zu haben.
Seit dem Wochenende und am Dienstag seien in der Kölner Keupstraße kartonweise Karten ausgelegt worden, sagte ein Stadtsprecher. In der überwiegend von Ausländern bewohnten Straße hatte die Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) 2004 eine Nagelbombe gezündet und 22 Menschen verletzt. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, warum die „missglückte Aktion“ ausgerechnet in der Keupstraße durchgeführt werde, sagte Edathy dem Kölner Stadt-Anzeiger weiter.
Nach Angaben einer Ministeriumssprecherin ist allein die groß angelegte „Vermisst“-Plakataktion vorläufig zurückgestellt worden. Auf Postkarten, im Internet und via Zeitungsanzeigen werde die Kampagne fortgesetzt, sagte sie am Mittwoch. Die rund 600.000 Postkarten würden über eine Werbeagentur in drei Runden in zehn deutschen Städten in Ständern ausgelegt. Konkrete Straßenzüge seien nicht festgelegt worden.
Grünen-Chef Cem Özdemir kritisierte Friedrich wegen der Fortsetzung der Kampagne: „Er führt die Öffentlichkeit an der Nase herum, wenn er ankündigt, die Plakataktion zu verschieben, aber zugleich eifrig Postkarten mit den Motiven verteilen lässt“, sagte er der Zeitung. „Dass er das dann auch noch in der Kölner Keupstraße tut, setzt der ganzen Sache die Krone auf.“
Nach dem Nagelbombenanschlag waren zunächst Anwohner und andere Muslime der Tat verdächtigt worden. Erst Ende 2011 war die Neonazi-Gruppe durch ein Bekennervideo ins Visier der Ermittler geraten. Viele der Anschlagsopfer sind noch heute traumatisiert.
Leser*innenkommentare
Anwohnerin
Gast
In der Keupstrasse wohnen überwiegend Kurden und keine Islamisten.
Werner H
Gast
Ihr Artikel entlarvt sich mit dem ersten Wort: AUSGERECHNET!
Wo soll denn diese Aktion sinnvoll sein? In Köln-Hahnwald bei den superreichen Bio-Deutschen oder am Prenzlauer Berg?
Rechnen Sie weiter: Jeder Versuch, der Prevention gegen Gewalttäter - ganz egal welcher Herkunft - ist geschmacklos, mindestens. Besser: In der Keuppstraße darf im Zweifelsfall auch geltendes Recht nicht ausgeübt werden.
Das hätte mir AUSGERECHNET noch gefehlt!
keinprekariat
Gast
@bernd, kael, WW
soweit ich mich erinnern kann, wurden opfer jahrelang verdächtigt in mafiöse kriminellenstrukturen eingebunden gewesen zu sein.
denen jetzt noch vorzuwerfen, selbst leute in die luft jagen zu wollen, würde mich, an deren stelle, eher motivieren als abschrecken gewalt anzuwenden. self-fulfilling prophecy und so.
Wolfgang Weisses
Gast
Vielleicht ein bißchen pietätlos, dennoch ist der Anschlagsort natürlich nicht automatisch für alle Zeiten frei von Islamisten. Oder?
kael
Gast
Wo den sonst als an Orten wie der Keuptstrasse wo sich die Zielgruppe aufhält sollen diese Postkarten verteilt werden?
Es macht wenig Sinn die in den von den Multikulitibefürwortern bewohnten Wohnvierteln zu verteilen wo wenige der gefährdeten meist sozialschwachen Juglichen leben.
bernd
Gast
was soll an dem Ort so schlimmes sein?Das ist doch jetzt kein rechtsfreier Raum geworden, nur weil staatlich geförderte Idioten dort Morde begangen haben. Es gibt ja auch kein Verbot für Muslime, Arbeitsämter zu betreten, um zu morden.