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Plagiatsvorwürfe gegen MinisterinSchavan in Bedrängnis

Bildungsministerin Annette Schavan steht unter immer größerem Druck. Die Opposition spricht von Rücktritt. Nun kritisiert Schavan das Vorgehen ihrer Universität.

Anklägerin und Angeklagte: Renate Künast (links) schießt gegen Annette Schavan. Bild: dapd

BERLIN dapd | Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) ist durch die Plagiatsvorwürfe wegen ihrer Doktorarbeit weiter in Bedrängnis geraten. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion Renate Künast zog am Montag Schavans Glaubwürdigkeit in Zweifel.

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Ernst Dieter Rossmann, forderte den Rücktritt der Bildungsministerin, falls ihr wegen der Vorwürfe der Doktortitel aberkannt wird. Schavan will den Vorwurf, sie habe bei Erstellung der Doktorarbeit getäuscht, durch eine umfassende Stellungnahme für die Universität Düsseldorf ausräumen.

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel kommt ein Gutachter der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität zu dem Schluss, dass etliche Stellen von Schavans Dissertation das „charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise“ trügen.

Insgesamt soll es auf 60 der 351 Seiten langen Doktorarbeit beanstandete Textstellen geben. Zuvor hatte bereits ein Blogger erklärt, er habe in der mehr als 30 Jahre alten Arbeit zahlreiche Stellen mit falsch gekennzeichneten Zitaten gefunden.

Grüne sehen Schavan nur noch formal im Amt

Künast sagte, es sei beschämend, dass Schavan die Sache aussitzen wolle. Noch habe Schavan ihr Amt formal inne. „Aber die Glaubwürdigkeit, die sie für eine gute Amtsführung braucht, hat sie schon verloren“, sagte Künast der Düsseldorfer Rheinischen Post. „Eine für Wissenschaft zuständige Ministerin muss doch die Regeln des ehrlichen wissenschaftlichen Arbeitens hochhalten.“

Schavan versicherte der Zeitung: „Ich habe zu keinem Zeitpunkt bei der Arbeit an meiner Dissertation versucht zu täuschen. Sobald mir der Promotionsausschuss Gelegenheit dazu gibt, werde ich zu den Vorwürfen Stellung nehmen.“

Zudem kritisierte die Ministerin die Universität. „Es ist ein bemerkenswerter Vorgang, dass ein vertrauliches Gutachten eines Hochschullehrers der Presse vorliegt, bevor die Betroffene von der Existenz des Gutachtens weiß“, sagte sie der Zeitung weiter.

Aus den Medien erfahren

Schavan hatte von dem Gutachten für die Promotionskommission erst aus den Medien erfahren. Erst auf Nachfrage der Ministerin hatte der Rektor der Universität Düsseldorf das 75-seitige Gutachten Schavan am vergangenen Wochenende zugeschickt. Schavan kündigte an, sich weiter an die Spielregeln zu halten „und mit der Universität nicht über die Öffentlichkeit zu kommunizieren“.

Der SPD-Abgeordnete Rossmann sah die faktische Entscheidung über einen Verbleib Schavans im Amt bei der Universität. „Am Ende kommt es darauf an, ob die Universität ihr den Doktortitel belässt oder nicht“, sagte Rossmann der Berliner Zeitung. Falls nicht, habe Schavan selbst hohe Maßstäbe gelegt, als es um den früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gegangen sei.

Rossmann verwies darauf, dass es nun nicht mehr nur ein anonymer Plagiatejäger sei, der Vorwürfe gegen Schavan erhebe, sondern die Hochschule selbst. Sollten dies zur Aberkennung des Doktortitels führen, solle Schavan „ihre Verdienste als Ministerin für Bildung und Forschung nicht durch Hartnäckigkeit an dieser Stelle in Vergessenheit geraten lassen, sondern in Ehren ihren Abschied nehmen“, forderte er.

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7 Kommentare

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  • S
    sieglinde

    Im Gegensatz zu Gutemberg ist

    Frau Schavan eine nützliche Ministerin,

    wie die Zulassungen und Neugründungen

    von Hochschulen, Studiengängen, Absolventenzahlen

    und Immatrikulanten deutscher Staatsbürger

    nahelegen.

    Gutemberg, als ein Verfechter der Totaldemilitarisierung der BürgerInnen und

    der wehrhaften Demokratie und Befürworter

    der "Spezialarmeen" lehnt letzlich die deutsche

    Grundordnung ab und sorgt für deutlich

    Nachfrageausfälle deutscher Rüstungsgüter im

    Inland und einer verstärkten Auslandsabhängigkeit

    von ausländischen Investoren.

     

    Die Performance als Spitzenmanager der deutschen

    Bildung muss zusätzlich bewertet werden.

    Denn es darf bei einem eventuell neuen Nachfolge

    keine Bildungsabbaupolitik durchgesetzt werden.

    Dann ist es besser alte Rechnungen, insofern zu begleichen indem entsprechend Frau Schavans

    Rente gekürzt wird.

    Es ist immer schön, wenn man gegen irgendwelche

    MinisterInnen etwas in der Hand hat, um sie

    nach Belieben absägen zu können.

    Die Frage ist aber immer, wie schlecht oder gut

    wird die Nachfolge sein. Und da bin ich bisher

    eher pessimistisch. Deutschland steht im internationalen Vergleich noch einigermaßen gut da.

    Bertelsmann und Konsorten möchten ja auch am

    liebsten eine Bezahlbildung installieren.

    Es gibt Kreise die eine Privatisierung des

    Bildungswesen wollen und die suchen nach Wegen... .

  • K
    Karlgross

    Wieder ein neuer Titel, jetzt für CDU-Schavan:

    Dr. mendacis causa A.Schavan: Lügendoktor.

    Daran sieht man, wie sehr wir Bürger von diesen

    infamen Politbetrügern beachtet werden. Wir sind gerade gut genug, um ständig belogen, betrogen, hintergangen und beschissen zu werden! Erschlichene, erkaufte Doktorentitel bezeugen die Großmannssucht und Inkompetenz der CDU und FDP überdeutlich. Was hat diese Kaste der Politiker noch alles an Lügen und Gaunereien in petto? Wir Wahlvolk entbehren jeglicher Wertschätzung durch diese politischen Versager und verkrachten Existenzen.

  • E
    Eulenspiegel

    Ob mit oder ohne Doktor! Die Philosophie unserer 'Volksvertreter' besteht aus Parteispenden und Nebeneinkünften. Papier ist geduldig! Der Doktor-Titel besagt überhaupt nichts über den Verstand eines Menschen aus. Erst in letzter Zeit wird bekannt wie leicht so ein Ding zu bekommen ist.Hat Kohl überhaupt einen?

  • D
    Detlev

    Annette Schavan liest wohl keine Zeitung. Wir wissen jetzt alle, dass sie nicht nur geschlampt, sondern an mehreren Stellen unsauber gearbeitet hat. Und nach der damaligen Ordnung durfte sie nicht Sekundärquellen mit Primärquellen vertauschen. Aber das eigentliche Problem bei ihr ist, dass es nicht drei oder vier Mal passierte, sondern bislang auf 61 Seiten. Und da kommt sogar zum tragen, dass die Literatursituation von 1980 sich heute nicht so einfach wiederherstellen lässt. Und wahrscheinlich haben die Gutachter gar nicht so viel Zeit für die Prüfung.

     

    Wenn sie vernünftig wäre, würde sie sich von ihrem Amt beurlauben lassen, bis die Universität entscheidet und danach akzeptieren, was die Uni sagt. Und wenn's negativ ist, sollte sie sofort zurücktreten - ohne wenn und aber.

    Sollte sie das nicht machen, wird das Amt des Forschungsministers in Deutschland einen Riesenschaden nehmen. Auch für die Verbindung der deutschen Wissenschaft zum Ausland wird diese Story Konsequenzen haben, denn eine Ministerin, die nicht wirklich einen Doktor verdient hat, aber auch noch Professorin ist und sich überall als die Sauberfrau gebärdet hat, ist reichlich lächerlich, aber auch ein Imageschaden ohne gleichen für Deutschland.

  • S
    seele

    Diese Dauerdebatten, um mögliche Titelerschleichungen aller Art, sind doch irgendwie müßig. Entweder es ist wahr, dann liegt doch eine Art von Straftat vor, die auch strafrechtlich verfolgt werden sollte/muss. Oder es ist nur eine der üblichen politisch/persönlich motivierten üblen Nachreden, dann macht sich der/die Gerüchteschöpfer/in strafbar. Letztlich scheinen diese ganzen öffentlich geführten Schlammschlachten, nur den verschleierten Bedürfnissen Einzelner zu dienen. Wenn jemand wirklich einen Titel widerrechtlich erschlichen hat, dann müsste er/sie auch dazu verurteilt werden, alle daraus resultierenden Vorteile zurück zu erstatten u. wegen Betruges zur Verantwortung gezogen werden. Sollten die Vorwürfe haltlos sein, gilt eine eben solche Verfahrensweise für den/die Ankläger/innen. Da aber in den meisten Fällen die möglichen Schuldigen, irgendwelche hoch dotierten Pöstchen bekommen u. in "Ehren" entlassen werden (was für ein Hohn)bzw. die Rufmörder/innen nicht wirklich belangt werden, ist das Prozedere doch Tintenverschwendung.Ich bin von diesen Debatten über das eventuelle Fehlverhalten von öffentlichen Personen ohne wirkliche rechtliche Konsequenzen gelangweilt u. angewidert.

  • S
    seele

    Diese Dauerdebatten, um mögliche Titelerschleichungen aller Art, sind doch irgendwie müßig. Entweder es ist wahr, dann liegt doch eine Art von Straftat vor, die auch strafrechtlich verfolgt werden sollte/muss. Oder es ist nur eine der üblichen politisch/persönlich motivierten üblen Nachreden, dann macht sich der/die Gerüchteschöpfer/in strafbar. Letztlich scheinen diese ganzen öffentlich geführten Schlammschlachten, nur den verschleierten Bedürfnissen Einzelner zu dienen. Wenn jemand wirklich einen Titel widerrechtlich erschlichen hat, dann müsste er/sie auch dazu verurteilt werden, alle daraus resultierenden Vorteile zurück zu erstatten u. wegen Betruges zur Verantwortung gezogen werden. Sollten die Vorwürfe haltlos sein, gilt eine eben solche Verfahrensweise für den/die Ankläger/innen. Da aber in den meisten Fällen die möglichen Schuldigen, irgendwelche hoch dotierten Pöstchen bekommen u. in "Ehren" entlassen werden (was für ein Hohn)bzw. die Rufmörder/innen nicht wirklich belangt werden, ist das Prozedere doch Tintenverschwendung.Ich bin von diesen Debatten über das eventuelle Fehlverhalten von öffentlichen Personen ohne wirkliche rechtliche Konsequenzen gelangweilt u. angewidert.

  • K
    kroete

    Ein Absturz mehr auf der akademischen Gratwanderung, die zu einer echten Plage von Plagiator/innen wird.

    Das achte Gebot ist A. Schavan als bekennende Christin bekannt, gerät nun auch sie in den Sog der akademischen Fälscherbanden.

    Natürlich ist eine Bildungsministerin, deren Wirken ohnehin der Öffentlichkeit ein Rätsel bleibt, selbst als treueste Vasallin von Frau Dr. Angela Merkel, nicht mehr tragbar.

    Allmählich wird es Zeit für eine Sonderausgabe der "Emma" "Wir haben abgeschrieben!"

    Zumindest könnte sie mit den Radikalliberalen eine Selbsthilfegruppe gründen oder sich vielleicht doch noch elegant aus der Affäre ziehen, ist ihre Dissertation gar vom Himmel gefallen, was sie in ihrer Bescheidenheit nicht an die große Glocke hängen wollte.

    Schade nur, daß politische Würdenträger/innen nicht mehr wegen ihres politischen Scheiterns aus dem Amt gejagt werden, sondern über ihre Eitelkeiten zu Fall gebracht werden.