Menschen mit Behinderung und Medien: „Sollen einen Sitz haben“

Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja will, dass Menschen mit Behinderung und Senioren im Rundfunkrat des RBB vertreten sind.

Behinderte Menschen tauchen in den wichtigen Medienpositionen kaum auf. Wieso eigentlich nicht? Bild: jala/photocase.com

In Berlin und Brandenburg streiten die Politiker darüber, wie Behinderte besser in den Medien repräsentiert werden. Die Berliner SPD-Fraktion hat einen Antrag mit dem Ziel beschlossen, Menschen mit Behinderung eine Stimme im Rundfunkrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg zu geben.

Solche Rundfunkräte haben alle ARD-Anstalten, unter anderem beraten sie die jeweiligen IntendantInnen in Fragen des Programms. Dem Antrag der Berliner SPD müssten Berliner und Brandenburger Landtag zustimmen. Brandenburgs SPD ist aber dagegen, eine Erweiterung des Rats schränke die Arbeitsfähigkeit ein. Nun kommt es auf die anderen Mitspieler an. Was sagt die zweite Berliner Regierungspartei?

taz: Herr Czaja, Sie fordern, dass Berlin zu einer behindertengerechten Stadt ausgebaut werden müsse – gilt das auch für die Medien in Berlin?

Mario Czaja: Ja, das tut es, und deshalb unterstütze ich das Anliegen, dass Menschen mit Behinderung und Senioren im RBB-Rundfunkrat einen Sitz haben sollen. Auch die CDU hat sich schon immer dafür ausgesprochen. Der einfachste Weg wäre, die Zahl der Mitglieder von 30 auf 32 aufzustocken.

Was versprechen Sie sich davon?

Zum Beispiel eine regelmäßigere Berichterstattung über bestimmte, für Menschen mit Behinderungen relevante Veranstaltungen oder auch die verstärkte Einbindung von Untertiteln und Gebärdensprache im Fernsehen.

MARIO CZAJA wurde im September 1975 in Berlin geboren. Er wohnt im Ostberliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf. Seit Dezember 2011 ist er Senator für Gesundheit und Soziales in der SPD-CDU-Koalition des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit.

Rundfunkräte sollen einen Querschnitt der Gesellschaft darstellen – was ist das überhaupt?

Das zu bestimmen, ist eine schwere Aufgabe, vor allem bei einer so heterogenen Bevölkerung wie in Berlin. Aber die wesentlichen Zielgruppen sollten in jedem Fall mit eingebunden werden. Etwa 600.000 Menschen in Berlin haben eine Behinderung, insofern sehe ich hier eine Notwendigkeit.

Auch viele andere Gruppen haben keinen Platz im Rundfunkrat. Wird in der Berliner CDU darüber diskutiert, nur dann Menschen mit Behinderungen einen Platz zu geben, wenn dafür auch andere einen Platz erhalten – Vertriebene oder Homosexuelle zum Beispiel?

Meiner Ansicht nach sollte tunlichst vermieden werden, Gruppen gegeneinander auszuspielen. Uns und mir ganz persönlich geht es im Moment nicht um die Grundsatzfrage, ob der Rundfunkrat an sich umstrukturiert werden sollte, diese oder jene Bevölkerungsgruppe einen Platz zu viel oder zu wenig im Rundfunkrat hat. Vielmehr ist es mir ein Anliegen, dass Menschen mit Behinderungen repräsentiert sind, dies sollte zunächst erfüllt sein.

Was sagt Ihnen der RBB dazu?

Bei Gesprächen mit der RBB-Intendantin Dagmar Reim bin ich bisher immer auf offene Ohren gestoßen. Frau Reim hat selbst eine Fülle an Vorschlägen gemacht, zum Beispiel besserer Video-Text oder mehr Untertitel. Sie will außerdem enger mit den Behindertenorganisationen kommunizieren und unterstützt das Anliegen, dass sich Menschen mit Behinderungen im Rundfunk wiederfinden. Wir haben auch ganz offen über Gebärdensprachdolmetscher geredet, allerdings ist dies bei vielen Zuschauern ohne Hörverlust leider noch nicht etabliert.

Wie steht die Berliner CDU-Fraktion zum Antrag der SPD?

Es gibt den Wunsch, dass es einen gemeinsamen Antrag von CDU und SPD gibt, der relativ schnell ins Parlament eingebracht werden soll. Derzeit berät die Fraktion darüber.

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