Eine Frau für die SPD-Zeitung

Die neuen Kollegen können sich auf einen ausgeglichenen Führungsstil einstellen

Dass Karin Nink die neue Chedredakteurin des Vorwärts wird, darf man getrost ein Zeichen nennen. Die Botschaft, die die Sozialdemokratische Partei Deutschlands mit dieser Personalie an ihre Mitglieder senden möchte, lautet: Wir haben verstanden. Wir Sozis beteuern nicht immer nur, dass Frauen in die Verantwortung sollen – wir geben sie ihnen auch.

Mit Karin Nink wird eine Frau Chefredakteurin des „Sozialdemokratischen Magazins“, die viel journalistische Erfahrung mitbringt. Die 51-Jährige ist noch bis Ende des Jahres stellvertretende SPD-Sprecherin. Einst war sie vom Kölner Stadtanzeiger zur taz gewechselt, wo sie als Parlamentsberichterstatterin arbeitete. 2000 dann wechselte sie zur Financial Times Deutschland. Mit ihrer Kollegin Tina Stadlmayer teilte sie sich eine Stelle als Parlamentskorrespondentin – ein Experiment zu Zeiten, da Teilzeitchefinnen alles andere als normal waren. 2004 machte Franz Müntefering sie zu seiner Sprecherin, zuletzt hat Karin Nink die Öffentlichkeitsarbeit für die fünf Stellvertreter von Parteichef Sigmar Gabriel im Willy-Brandt-Haus koordiniert.

Als Frau, die beide Seiten kennt, weiß sie, wie hart umkämpft die Medienfront ist. Das hielt sie in ihrem Sprecherinnen-Job jedoch nicht davon ab, den anfragenden Journalisten freundlich und professionell zu begegnen. Sollte sie in gleicher Weise ihre neue Stelle als Chefredakteurin verstehen, können sich die Kolleginnen und Kollegen in der Vorwärts-Redaktion auf einen ausgeglichenen Führungsstil einstellen. In der SPD, wo – ganz Arbeiterpartei – gern mal ein ruppiger Ton gewählt wird, ist das keine Selbstverständlichkeit.

136 Jahre ist der Vorwärts alt, 23 Chefredakteure haben das Blatt seither geführt. Karin Nink wird nun die dritte Frau auf diesem Posten. Sie löst Uwe Knüpfer ab, der das Blatt 2010 von Uwe-Karsten Heye übernommen hatte. Der einstige Chefredakteur der WAZ-Mediengruppe hatte den Vorwärts konzeptionell wieder mehr als Mitgliederzeitung ausgerichtet.

Magazintexte sind inzwischen gemischt mit Parteiverlautbarungen, Interviews, Reportagen aus dem Wahlkreisen und Kulturberichterstattung. Ob Nink das Sinken der Auflage auffangen kann, wird sich zeigen. Von 400.000 verkauften Exemplaren ist die Rede – was bedeutet, dass nicht einmal jedes SPD-Mitglied das Blatt abonniert hat.

ANJA MAIER