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Verlage in Belgien und GoogleSugardaddy aus dem Internet

In Belgien einigen sich Google und Verlage nach langem Streit um Textschnipsel und erinnern damit an das deutsche Aldi-Dilemma. Was sagt uns das?

Sugardaddy Google bewirft die Verlage in Belgien mit viel süßem Geld. Bild: MMchen / photocase.com

Google hat sich mit belgischen Verlegern geeinigt – in einem Streit, der dem deutschen Hickhack um ein Leistungsschutzrecht für Verlage stark ähnelt. Hier wie dort geht es darum, was Google Zeitungsverlagen dafür schuldet, dass bei Google News kleine Textschnipsel auftauchen. Und während sich in Deutschland beide Seiten um ein entsprechendes Gesetz streiten, haben sie sich in Belgien nach sechs Jahren Streit geeinigt.

Belgien war das Beispiel dafür, was auch in Deutschland dräuen könnte, wenn Zeitungsverleger Google zu arg auf den Senkel gehen: 2006 hatte die dortige Rechteverwertungsgesellschaft Copiepress Google erfolgreich verklagt.

Begründung: Der Konzern verletze mit der Nutzung von Textausschnitten auf Google News Urheberrechte. 2011 wurde das Urteil rechtskräftig – und zack, verbannte Google einfach alle Links auf Zeitungsartikel aus seinen Trefferlisten und Google News. Was die Verleger nur ein paar Tage aushielten – dann versprachen sie, keine Strafzahlungen von Google mehr einzufordern.

Kein Printmedium kann es sich leisten, bei Google nicht auffindbar zu sein. Auch in Deutschland. Zumindest so lange über 95 Prozent aller Deutschen diese Suchmaschine benutzen.

Klingt gut

Einigung in Belgien – klingt gut. Doch Google verpflichtet sich – laut Belgiens Google-Chef Thierry Geerts – in den Medien der Verleger für seine Dienste zu werben. Dafür „sollen die Verleger ihre Nutzung von Googles Werbe-Lösungen, insbesondere Adwords, optimieren“. Also: Google-Kunde werden. Dann darf Google kostenlos weiter Textausschnitte nutzen.

Bedeutet: Google Belgien bewirft die Verlage künftig mit Anzeigen-Geld. Für den Konzern ist das Portokasse, für die Verlage leicht verdiente Kohle. Google als Sugardaddy der Verlage?

Erinnert an das Aldi-Dilemma vieler Lokalzeitungen: Je mieser der Werbemarkt, umso wichtiger werden finanzkräftige Lebensmittel-Discounter die mit Großanzeigen die Zeitungen finanzieren. Wer würde solche wichtigen Werbekunden durch kritische Berichterstattung vergrätzen? Interessant ist auch das Zugeständnis der belgischen Verleger, Kunde bei Google AdWords zu werden. Das ist ungefähr so, als würden Aldi und Lidl sich zusichern lassen, auch noch die Verlagskantinen zu beliefern.

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3 Kommentare

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  • TL
    Tim Leuther

    Die verlage dürden sowohl die Google suche als auch ausschließlich die Google Bildersuche sperren.

     

    Den Verlagen reicht das nur nicht.

     

    Die Verlage wollen einfach "Internet-Geld"

  • W
    wirrbeltier

    Man darf gespannt sein, ob sich das in Deutschland ähnlich abspielen wird. In Belgien gab es ja kein Gesetz (zwischendurch noch nicht mal eine handlungsfähige Regierung) - da hatte der (französischsprachige) Presseverband Google verklagt, so ganz privatwirtschaftlich. Der flämische Presseverband hatte scheinbar keine Probleme mit google news, und man blieb im Geschäft.

     

    In Frankreich, der Schweiz, und Brasilien sind grade ähnliche Vorgänge zu sehen... Man darf auch da gespannt sein.

    In Frankreich hatte nämlich die Regierug Sarkozy schonmal eine "lex google" auf den Weg gebracht, eine Steuer auf Werbeeinnahmen im Internet. Die Einnahmen waren scheinbar schon im Haushalt verplant, und nur durch massiven Protest der französischen Internetwirtschaft und Kreativschaffenden (der "Protest der 10000 Künstler") konnte das Gesetz im letzten Moment gekippt werden. Sarkozy ist damit sogar in den Wahlkampf 2012 gezogen, und selbst mit der Regierung Hollande liegt ein neuer Vorschlag vor. Le President bevorzugt aber anscheinend das Belgische Modell, d.h. eine Einigung zwischen Google und den Verlagen selbst.

    (Schamlose Selbstwerbung: Ich hab da neulich mal einen Abend Recherche reingesteckt, um den Stand der Dinge in Belgien und Frankreich mal aufzuschreiben: http://blog.wirrbeltier.net/wordpress/?p=128 )

  • FM
    Florian Meyert

    Es ist sehr eigenartig gerade Google mit Billigdiscountern wie Aldi und Lidl vergleichen zu wollen. Es genau andersherum. Die Verlage bieten im Bereich der Werbung mieseste Qualität, schlechte Reichweiten und halten dafür die Hand weit auf. Nirgends kann ein Anzeigenkunde gezielter und effektiver werben als direkt bei Google selbst und dies auch noch selbst kontrollieren und täglich neu optimieren. Ein Alptraum für die verwöhnten und vollgefressenen Verlage die mit Ihren Schwindeleien gegenüber ihren Werbekunden plötzlich auf der Strecke bleiben. Und ihr so wichtiges Lesevieh verlieren sie auch sowieso. Und jetzt wollen sie sich auch noch bei Google vor die Tür setzen. Bravo, Super, dann rutschen die interessanten Blogs und Forenbeiträge nach oben und der lahme Einheitsbrei von DPA & Co verschwindet dorthin wo er hingehört und keinen mehr langweilt: Hinter eine Paywall.