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Tierquälerei in IndustrieställenDie dunkle Seite des Fleisches

Die Tierrechtsorganisation Animal Rights Watch veröffentlichte Videos aus Industrieställen. Diese zeigen die alltägliche Quälerei in Ställen.

Ein neues Tierschutz-Siegel soll die artgerechte Tierhaltung fördern Bild: dpa

BERLIN taz | Reihenweise tote Ferkel, Sauen in körpergroßen Käfigen, in denen sich die Tiere nur sehr mühsam hinlegen können, Schweine, denen Artgenossen aus Frust die Ohren zerbissen haben – diese Bilder haben Aktivisten der Tierrechtsorganisation Animal Rights Watch (ehemals „die tierfreunde“) im Sommer in deutschen Ställen des niederländischen Agrarindustriellen Adrianus Straathof aufgenommen und nun der taz und anderen Medien zur Verfügung gestellt.

Straathof antwortete am Dienstag nicht auf eine Bitte um Stellungnahme. Doch daran, dass die Bilder authentisch sind, gibt es kaum Zweifel. Immerhin hatten sich auch frühere von den Aktivisten verdeckt aufgenommene Skandalvideos aus Massenställen als authentisch erwiesen. Es ist auch kein Geheimnis, dass in Massenbetrieben viele Tiere sterben und sich in den reizarmen Ställen gegenseitig angreifen.

Und die Bundesverordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere erlaubt es sogar ausdrücklich, Sauen in den sogenannten Kastenständen zu halten. Sie sollen verhindern, dass die Tiere beim Hinliegen Ferkel erdrücken – die Gefahr entsteht laut Tierschutzbund aber nur, weil die Ställe so eng sind.

Mit solchen Videos haben Tierrechtler in den vergangenen Jahren die Zustände in deutschen Ställen ins Bewusstsein weiter Teile der Gesellschaft gerufen. Vor allem Aktivisten der Organisation Peta machten sich eine rechtliche Grauzone zunutze und drangen nachts in Betriebe etwa von Deutschlands größtem Geflügelfleischlieferanten Wiesenhof ein oder ließen heimlich Kameras installieren.

Tierquälerei ist Alltag in Ställen

Peta filmte auch einen sogenannten Impftrupp, der kranke Tiere aus einer Hühnerherde aussortiert. Die Männer warfen lebende Tiere durch den Stall und stopften sie ohne Rücksicht auf Knochenbrüche in Käfige.

Auf Aufnahmen vom vergangenen Jahr aus einem anderen Betrieb ist zu sehen, wie ein Landwirt Tiere mit Füßen tritt, eine Zange um die Hälse von Puten herum zudrückte oder Geflügel lebendig begrub.

Da immer neue Skandalvideos auftauchten, verfestigte sich bei vielen Verbrauchern der Eindruck, dass Tierquälerei in der Agrarindustrie eher die Regel als die Ausnahme sei. Schon 2006 forderten in einer Umfrage im Auftrag der EU-Kommission 66 Prozent der befragten Deutschen, den Tierschutz in der Landwirtschaft zu verschärfen.

In einer im Februar 2012 veröffentlichten Untersuchung sprachen sich dann 74 Prozent der Verbraucher für ein Tierschutz-Siegel aus. Wissenschaftler schätzten, dass etwa 20 Prozent der Deutschen auch bereit wären, für Tierschutzfleisch mehr zu bezahlen.

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11 Kommentare

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  • T
    tee

    Die Negativdarstellungen von Straathofs Großanlagen konnten sich vor Ort nicht aufrecht erhalten. Straathof gab fachlich fundierte Erläuterungen und brillierte mit TOP- Tierleistungen. Hervorragende Ergebnisse sind aber nur in einem entsprechenden Umfeld zu realisieren.

  • T
    Tobi10

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu!!!!

    Den wahren moralischen Wert einer Nation kann man dran erkennen, wie sie die Tiere behandelt - Mahatma Ghandi!!

  • E
    eva

    "PETA-Fanatiker", wenn ich das nur lese!

     

    Was ist schlimmer, "verbotenerweise" heimlich FIlme zu drehen oder verbotenerweise Tiere zu quälen?

     

    Wie dumm, skrupellos und gefräßig muss man sein, um angesichts solcher Bilder weiter Billigfleisch aus dem Supermarkt zu fressen, oder es sich beim Currywurststand oder Dönerimbiss servieren zu lassen -?

     

    Leider überwiegt die Zahl der gefräßigen Egomanen immer noch die Zahl der verantwortungsbewußten Vegetarier, auch wenn inzwischen angekommen ist, dass Fleischkonsum ethisch und moralisch nicht zu

    rechtfertigen ist, nicht vor der Umwelt, den Mitmenschen, unseren Nachkommen und schon gar nicht den Tieren. Aber das werden manche erst merken, wenn ihnen das letzte Gammelfleisch im Hals stecken bleibt.

  • S
    Sabine

    Es kann kein "Tierschutzfleisch" geben, was für ein Euphemismus und Augenwischerei. Es ist gut, wenn man sich endlich Gedanken macht über die unfassbare Folter, der die Tiere in den Ställen und Schlachthöfen ausgesetzt sind. Doch "Bio" schützt vor grausamen Haltungsmethoden leider nicht, wie man zum Beispiel an den vor einiger Zeit befreiten "Biohennen" sehen konnte. Tiere sind keine Maschinen, sondern fühlende Lebewesen wie wir. Wir brauchen eine ethische Kehrtwende.Auf www.stiftung-fuer-tierschutz.de, der Website von Hof Butenland, begreift man schnell, worum es geht.

  • O
    opensky

    Wir als Verbraucher sprechen uns für eine sofortige Beendigung der industriellen Massentierhaltung aus, für deren tierquälerische Praktiken es keinerlei Rechtfertigung geben kann.

    Womit sich die Weltbevölkerung ernährt, ist ihre Entscheidung und nicht unsere. Und es steht der Tierindustrie nicht zu, das vermeintliche Welternährungsproblem als Vorwand für massenhafte Verbrechen gegen die Tierlichkeit zu mißbrauchen.

    Ein Gesetzgeber, der diese abscheulichen millionenfachen Tierqualen ignoriert, muß als gekauft angesehen und vom Gesetzgebungsverfahren entbunden werden. Tierhaltungsnormen (-> Verfassung) müssen erstrangig tierlichen Grundbedürfnissen genügen und dürfen nur nachrangig verwerterische Zwecke berücksichtigen.

  • MK
    Manfred Kesting

    Was ist Tierschutzfleisch? Meines erachtend kann das nur von natürlich gestorbenen Tieren kommen, also nicht aus dem Schlachthaus oder vom Kopfschlächter. Was soll das nur wieder für ein irreführender Begriff sein? Wer etwas für Tiere tun will und Tierschutz betreiben will, der sollte sich ohne tierische Produkte ernähren oder wollen die jetzt Tierschützer schlachten?

  • L
    Lars

    "nun der taz und anderen Medien zur Verfügung gestellt."

    Wo sind die Bilder?

  • J
    Jan

    Ohje, das Wort "Tierschutzfleisch" tut einem ja im Herzen weh. Was hat Fleischproduktion mit Tierschutz zu tun? Fleischkonsum IST per se das Gegenteil von Tierschutz. Vormerken für das Unwort des Jahres!

     

    Aber trotzdem Daumen hoch taz, danke für den Artikel. Ihr könnt dafür Sorgen, dass sich was ändert.

     

    "Wenn Schlachthäuser Wände aus Glas hätten, wäre jeder Mensch Vegetarier!" - Paul McCartney

  • R
    RedHead

    Wenn ich mal ausreichend Langeweile habe, mache ich ein Video von Feldmäusen, die artungerecht von Mähdreschern bei der Getreideernte zerstückelt werden, um damit den PETA-Fanatikern ihr ekelhaft gutes Gewissen zu stören.

    Die tierfreundlichste Ernährung ist die bei der man Pflanzen aus dem Anbau im eigenen Garten verspeist und das auch nur so lange man beispielsweise keine Rattenplage bekommt, gegen die man sich tierunfreundlich zur Wehr setzen muss. Wilde Tiere im Wald zum Verzehr zu erschießen gehört definitiv noch zu den tierfreundlicheren Verianten (also im Vergleich zu den sich gegenseitig anknabbernden Schweinen oder den von Mähdreschern zerstückelten Feldmäusen). Aber beide Ansätze reichen bei weitem nicht aus um die Weltbevölkerung zu ernähren. Tatsächlich brauchen wir industrielle Lebensmittelproduktion und die ist generell tierunfreundlich. Wir könnten sicherlich weniger Tiere verspeisen und die Tiere die wir halten auch etwas besser behandeln. Dass es möglich ist, generell tierfreundlich die Menschheit zu ernähren ist ideologischer Unfug. Vermutlich sterben selbst für ein Biobrot mehr Tiere pro Kilogramm als für Steak (die Kuh frisst selbst Gras und aus ihr kann man viele Steaks machen) und das sogar auf sehr brutale Weise. Damit will ich mich als gelegentlicher Steak-Esser natürlich nicht gegenüber Vegetariern und Veganern moralisch aufplustern, das fände ich ebenso unsinnig wie deren Moralkeule.

  • G
    Gast

    unerträglich finde ich, dass man junge eber millionenfach aus kostengründen unnarkotisiert kastriert. die schmerzen sind unvorstellbar.

  • M
    matto

    Hört auch Fleich zu essen!!

    Euer Körper braucht das nicht.

     

    http://www.yoga-vidya.de/vegetarisch-leben/warum-vegetarisch.html