„Tobin Tax light“: Grünes Licht für Finanzsteuer

Elf EU-Staaten brechen die britische Blockade und wollen den Börsenhandel besteuern. Ein Teil der Erlöse soll in die Entwicklungshilfe fließen.

Spekulation? Steuer? Dem hektischen Dax ist das alles wurscht. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Eine alte Forderung der Globalisierungskritiker wird wahr: Am Dienstag gaben die EU-Finanzminister in Brüssel endgültig grünes Licht für eine Finanztransaktionsteuer. Angeführt von Berlin und Paris, kann die Börsensteuer nun in elf EU-Ländern eingeführt werden. Ob sie wirklich „Biss“ hat und, wie erhofft, spekulative Geschäfte bremst, bleibt allerdings offen: Denn nun warten die Minister noch auf einen Vorschlag der EU-Kommission.

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta versprach, schnell zu handeln. Der Beschluss, mit dem sich Deutschland und Frankreich über Einwände aus Großbritannien und Schweden hinwegsetzen, sei ein „wichtiger Meilenstein“ für die europäische Steuerpolitik, sagte er.

Semeta betonte, dass zwar nur 11 von 27 Staaten mitmachten, diese aber für zwei Drittel der EU-Wirtschaftsleistung und sogar 90 Prozent der Wirtschaftsleistung in der Eurozone stünden. Neben Frankreich und Deutschland sind das Italien, Spanien, Österreich, Belgien, Griechenland, Portugal sowie Estland, Slowenien und die Slowakei.

Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble freute sich: „Der Finanzsektor soll an den Kosten der Finanzkrise angemessen beteiligt werden“, sagte er am Rande der deutsch-französischen Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Elysée-Vertrags in Berlin. „Diesem Ziel sind wir ein gutes Stück näher gekommen.“

0,1 bis, 0,01 Prozent

Der US-Ökonom James Tobin hatte bereits 1972 eine Finanztransaktionsteuer von 1 Prozent vorgeschlagen, um Devisenspekulationen zu bremsen. In Frankreich griff dann die globalisierungskritische Bewegung Attac den Vorschlag auf. Die „Tobin Tax“ stieß auf Bedenken und wurde in Paris und Berlin erst mit der Finanz- und Eurokrise hoffähig. Nun mündet er offenbar in eine „Tobin Tax light“.

„Dass die Steuer jetzt trotz heftigen Widerstands der Bankenlobby kommt, zeigt, dass es mit genügend Druck von unten durchaus möglich ist, Finanzmärkte zu regulieren“, sagte Detlev von Larcher von Attac. „Wenn es beim Entwurf der EU-Kommission bleibt, werden vor allem hochspekulative Geschäftsmodelle wie der Hochfrequenzhandel deutliche Einschränkungen hinnehmen müssen.“

Nach den bisherigen Plänen sollen alle Finanzgeschäfte mit einer Abgabe von 0,1 Prozent belegt werden, Derivategeschäfte mit 0,01 Prozent. Die erhofften Einnahmen wollte die Kommission noch nicht beziffern, für die Gesamt-EU hätten sie bei knapp 60 Milliarden Euro gelegen. Unklar ist noch, wie die Mittel verwendet werden. Brüssel würde sie gerne zumindest teilweise zur Linderung der Eurokrise einsetzen. Frankreichs Staatschef François Hollande hat versprochen, einen Teil der Erlöse in die Entwicklungshilfe fließen zu lassen.

Jörn Kalinski, Vertreter von Oxfam, sagte dazu: „Schon ein Teil der Steuereinnahmen kann erheblich zur Bekämpfung von weltweiter Armut und zum Schutz von Klima und Umwelt beitragen. Das bedeutet mehr Bildung und bessere Gesundheitsfürsorge für Menschen in armen Ländern und den Ausbau erneuerbarer Energien.“

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