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Archiv-Artikel

Kritik an Schäubles Zahlenwerk

HAUSHALT Finanzminister will mit ausgeglichenem Etat ein Zeichen für Europa setzen. Opposition und Arbeitgeber gegen Kürzungen bei Gesundheitsfonds

BERLIN taz | Lange hatten sie um den Bundeshaushalt gestritten. Doch als die Zahlen am Mittwoch offiziell vorgestellt wurden, präsentierten sich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) in großer Einmütigkeit – und noch größerer Begeisterung. Eine „Leistung von historischem Ausmaß“ sieht Rösler, einen „Erfolg auf allen Ebenen“ Schäuble. Und beide preisen Deutschland unmittelbar vor dem bevorstehenden EU-Gipfel zur Finanzkrise als Vorbild für Europa.

Grund für die Begeisterung sind die Zahlen, die schon zu Wochenbeginn durchgesickert waren: Die Neuverschuldung des Bundes soll im nächsten Jahr statt ursprünglich geplanter 13,1 nur 6,4 Milliarden Euro betragen – wovon zwei Drittel auf die letzte Rate für den Rettungsschirm ESM entfallen. 2015 ist – erstmals seit 40 Jahren – ein ausgeglichener Haushalt vorgesehen, 2016 dann ein Überschuss von 5 Milliarden Euro. Erreicht werden soll das zum einen durch weiter steigende Steuereinnahmen – wobei Schwarz-Gelb auch davon profitiert, dass der Bundesrat eine von der Regierung geplante Steuersenkung gestoppt hat. Zum anderen sollen die Ausgaben 2014 um 1,7 Prozent auf 297 Milliarden Euro sinken.

Neben den Zinsen, wo Schäuble Einsparungen von vier Milliarden Euro erwartet, will die Regierung vor allem bei Zuschüssen zur Sozialversicherung kürzen: So bekommen die Rentenkassen 400 Milliarden Euro weniger, beim Gesundheitsfonds werden 3,5 Milliarden Euro gestrichen.

Während Schäuble und Rösler dies angesichts der hohen Rücklagen der Kassen für „vertretbar“ halten, übten Opposition und Arbeitgeber scharfe Kritik. „Wieder greift die Bundesregierung in unverschämter Weise in die Taschen der Beitragszahler“, erklärte die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, Priska Hinz. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte der Rheinischen Post, die aktuell gute Finanzlage dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass den Krankenkassen spätestens im nächsten Jahr wieder ein Defizit drohe.

SPD und Linke vermissen im Haushalt zudem Vorsorge für die Risiken der Eurokrise. Durch den Verzicht auf Rückstellungen blende Schäuble die Realität aus, sagte Carsten Schneider (SPD). Gesine Lötzsch (Linke) bezeichnete den Rettungsschirm ESM denn auch als „größten Schattenhaushalt in der Geschichte der Bundesrepublik“.

Verabschiedet wird der Haushalt in dieser Form allerdings voraussichtlich ohnehin nicht – denn die Abstimmung findet erst nach der Bundestagswahl statt. MALTE KREUTZFELDT

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