Berliner Szenen: Sushi mit Hut

Nachts riecht es im Sushiladen manchmal nach Pizza.

Spätabends bei strömendem Regen mit dem Fahrrad zum Sushiladen zu fahren, um dem erkälteten Freund und mir was zu essen zu holen, ist ein bisschen schrecklich und ein bisschen geil. Schrecklich ist es, weil es dunkel und nass ist und mir nach einer halben Minute die Hose klatschnass und eklig an den Beinen klebt. Und geil ist es, na ja, aus dem gleichen Gründen.

Beim Losgehen hab ich einen Lappen mitgenommen, beziehungsweise eine aussortierte Unterhose von mir, um den Fahrradsitz vorm Fahren trockenzuwischen. Wegen Blasenentzündung und so. Um den Weg zur Mülltonne zu sparen, werfe ich den nassen, zerknüllten Schlüpper in den Fahrradkorb.

Die Straße glänzt, fast niemand ist unterwegs. Ich atme ganz heftig ein, wie so ’ne Bekloppte. Fahre mitten auf der Straße, ich liebe das. Beim Sushiladen angekommen, bin ich komplett durchnässt. Nur der Kopf ist trocken. Mein Freund ist Fischkopp, und da wo er herkommt, trägt man Regenhüte, und heute trage ich seinen.

Im Sushiladen riecht es nach Pizza. Am größten Tisch sitzen die Sushifrauen und -männer alle zusammen, um sie herum Pizzakartons und Weinflaschen. Sonst ist niemand da. „Ist noch offen?“, frage ich, und einer der Männer kommt zu mir rüber. „Klar!“ Huch, bisschen betrunken. Oder? Weiß nicht. „Haha, toller Hut“, lacht er und fasst mir an die Hutkrempe. „Bist du ein Feuerwehrmann?“ Doch betrunken.

Er kichert. „Bestellst du“, sagt er, gibt mir die Karte. Ich bestelle. Der Sushimann gibt mir eine Tasse Tee, ich setze mich und denke beim Hinsetzen, dass danach der Stuhl nass sein wird. Ich sehe aus den Augenwinkeln, wie der Sushimann kurz rausgeht.

„Ein Typ hat dein Fahrrad umgeworfen, ich hab es wieder hingestellt“, sagt er beim Reinkommen. „Oh“, sage ich, „danke.“ Als ich mit meiner Sushitüte wieder rausgehe, liegt die nasse Unterhose ordentlich gefaltet im Fahrradkorb.

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Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff

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