Emissionshandel der EU: Klimaschutz nicht ganz tot

Der CO2-Ausstoß soll für die Industrie teurer werden. Das EU-Parlament hat einer Reform zugestimmt. Jetzt warten alle auf die Deutschen.

Das freut sich Vattenfall: Der Strom aus dem Braunkohlekraftwerk Jänschwalde bleibt richtig billig. Bild: dpa

BERLIN taz | Das EU-Parlament hat zugestimmt, das wichtigste Instrument der Staatengemeinschaft zum Klimaschutz, den Emissionshandel, wenigstens notdürftig zu reparieren. Damit muss die Industrie künftig wieder mehr zahlen, wenn sie CO2 in der Atmosphäre entsorgt. Die dafür notwendigen Zertifikate sollen verknappt und damit verteuert werden.

„Gute Neuigkeiten“, freute sich Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), „Klimareaktionäre jetzt zumindest einmal geschlagen“, teilte die Grüne EU-Abgeordnete Rebecca Harms mit, „Yes!“, entfuhr es der dänischen EU-Klimaschutzkommissarin Connie Hedegaard und dem zuständigen Berichterstatter im EU-Parlament, Matthias Groote (SPD), unisono per Twitter: Die Reform war im April im EU-Parlament zunächst abgelehnt worden, entsprechend groß war jetzt unter Befürwortern die Erleichterung.

Liberale Abgeordnete und Teile der Industrie zeigten sich hingegen enttäuscht. Nach Ansicht des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) „verunsichert und irritiert die Vorgehensweise der EU die Industrie“.

Allerdings ist die Reform noch lange nicht beschlossen. Noch muss der Europäische Rat, also die Mitgliedstaaten, in Verhandlungen mit der Kommission und dem Parlament zustimmen. Allerdings glaubt in Brüssel niemand, dass Deutschland noch vor der Bundestagswahl dazu bereit ist.

Zertifikate nach Reform immernoch zu billig

Die Bundesregierung hat schlicht keine einheitliche Position – Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lehnt den Eingriff ab. „Die europäische Umweltpolitik krankt daran, dass Deutschland als stärkstes Wirtschaftsland der EU selten mit einer Stimme spricht“, kritisiert Groote. „Die Enttäuschung über das deutsche Versagen in der EU-Klimapolitik ist bei den europäischen Nachbarn inzwischen mit Händen zu greifen“, sagte der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals.

Konkret geht es darum, der EU-Kommission das Recht einzuräumen, 955 Millionen CO2-Zertifikate verspätet auf den Markt zu werfen. Das soll sie verteuern: Unternehmen müssen pro ausgestoßener Tonne des Klimagases ein entsprechendes Zertifikat vorweisen. Teilweise werden sie kostenlos verteilt, teilweise von den Mitgliedstaaten versteigert und, das ist entscheidend: Unternehmen können sie untereinander handeln.

Dadurch entsteht, wie bei Aktien, ein Marktpreis, in dem Fall für CO2. Der war allerdings in den letzten Jahren eingebrochen, weil die Unternehmen aufgrund der Wirtschaftskrise ohnehin weniger CO2 ausgestoßen haben. Statt in Klimaschutz zu investieren, kauften sie besser die billigen Zertifikate.

Ob die wirklich teurer werden, ist allerdings unklar. Die EU-Kommission listet in einer Analyse unterschiedliche Preiskorridore von Marktanalysten auf: Thomson Reuters sieht sie, trotz Reform, bei 8 bis 10 Euro pro Tonne, Bloomberg New Energy Finance bei 2,60 bis 11 Euro. Um Unternehmen wirklich zu Klimaschutz zu animieren, müsste der Preis, so sind sich verschiedene Experten einig, bei mindesten 30 Euro pro Tonne liegen.

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