Paywall-Erfolg in Norwegen: Fast nichts mehr gratis im Netz

„Innlogging, sikker betaling!“, einloggen und sicher zahlen: Eine norwegische Zeitung hat mit Erfolg eine Paywall eingeführt. Andere Blätter wollen nun folgen.

Verheißungsvoll: Hinter der Mauer warten die Inhalte. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Der Name klingt vorgestrig, doch das Bezahlmodell gilt als zukunftsträchtig: Fædrelandsvennen („Vaterlandsfreund“), die Regionalzeitung aus dem südnorwegischen Kristiansand, hat ein Konzept für die Nutzerbezahlung im Internet entwickelt, das sich nun andere norwegische Blätter zum Vorbild nehmen.

Seit über einem Jahr ist außer Sportresultaten und aktuellen Meldungen fast nichts mehr gratis auf www.fvn.no, dem Internetauftritt des Fevennen, wie er im Volksmund heißt. Kein „Metered Model“, wie es nach dem Vorbild der New York Times immer mehr Zeitungen einführen; stattdessen wurde die Bezahlschranke gleich ganz heruntergelassen.

Wer sich online informieren will, braucht ein Abo der Papierausgabe oder muss sich einen Tageszugang kaufen. Im Gegenzug ist dann auch der Inhalt der gesamten Papierzeitung auf allen digitalen Kanälen zugänglich.

Der Effekt: Die Auflage des Blatts, die in den letzten Jahren jährlich im Schnitt um 3,5 Prozent gefallen war und nun bei rund 37.000 Exemplaren liegt, ist seither um 3 Prozent gestiegen – die Auflageneinnahmen um 8 Prozent. Ein zwar bescheidenes Plus, das man aber zuletzt in den 1980er Jahren hatte.

Medienexperten waren pessimistisch

Die Zahl der Internetnutzer ist gefallen, dafür loggen sich aber zwei Drittel der Abonnenten der Printausgabe nun auch regelmäßig im Netz ein. Und sie nutzen das Angebot intensiver, klicken mehr Seiten als früher – „ein Beweis dafür, dass die Leser die verschiedenen Plattformen haben wollen“, sagt Chefredakteur Eivind Ljøstad. Offenbar ist das auch ein Publikum, das für die Anzeigenkunden interessanter ist als die absolute Zahl der UserInnen: Die Online-Werbeeinnahmen sind gestiegen.

Dabei hatte die Mehrzahl der Medienexperten dem Fevennen-Modell vorab keine Chancen eingeräumt. Bei einer Umfrage unter 166 Mitgliedern von Nona, der Norwegian Online News Association, glaubten nur vier Prozent, dass das Blatt damit Erfolg haben könnte.

Auffallend war, so der Osloer Medienforscher Arne H. Krumsvik, der die Untersuchung durchführte, dass Netzjournalisten selbst am wenigsten daran glaubten, auf diesem Weg für ihre Arbeit bezahlt werden zu können, während bei Web-Entwicklern der Glaube an eine solch radikale Bezahlschranke am größten war.

Dass Zeitungen im Internet Geld verdienen müssen, ist auch in Norwegen überfällig. Zwar wird dort weltweit noch am eifrigsten Zeitung gelesen, und mit dem Ziel der Meinungsvielfalt werden viele Nischenblätter mit staatlichen Geldern, der „Pressestøtte“, über Wasser gehalten. Doch die Auflagen sinken auch hier: in den letzten beiden Jahren im Schnitt um zusammen fast zehn Prozent. Umso aufmerksamer wird deshalb ein erfolgreicher Testlauf wie der des Fevennen registriert. Verschiedene Lokal- und Regionalblätter wollen das Modell übernehmen.

Weniger großzügig als die Deutschen

Allerdings waren norwegische Zeitungen schon in der Vergangenheit weniger großzügig als beispielsweise deutsche Blätter, was freien Internetzugang zu ihren Inhalten angeht. Die linke Klassekampen etwa macht täglich nur je einen Text ihrer vier Ressorts online zugänglich.

Sie kann seit Jahren die Printauflage steigern: 2012 um weitere 6,3 Prozent. Regionalzeitungen haben mit der starken Position in ihrem Verbreitungsgebiet den Vorteil, kaum Konkurrenz zu haben. Das sei ein wichtiger Grund dafür, dass es Fevennen gelang, „Hindernisse ganz elegant zu nehmen, die wir vorab als beinahe unüberwindlich angesehen haben“, meint Lars Helle, Chefredakteur von Stavanger Aftenblad. Dort folgte man im Mai 2013 dem Vorbild des Nachbarblatts.

„Früher haben die Leser für eine Zeitung bezahlt, jetzt zahlen sie für Inhalt“, sagt Fevennen-Chefredakteur Ljøstad. „Und für guten Journalismus und einen relevanten Inhalt sind die Leser offenbar auch bereit zu bezahlen“, beschreibt er die Erfahrung „unserer kleinen Revolution“.

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