Protest im Hambacher Forst: Grünkohl statt Braunkohle

Seit zwei Wochen kampieren Aktivisten im Hambacher Forst. Sie demonstrieren gegen die Abholzung des Waldes für einen Kohletagebau.

Manche der Aktivisten sind schon über eineinhalb Jahre hier. Bild: dpa

KERPEN taz | Die Unterstützung hat gutgetan. „Das hat uns neue Energie gegeben“, sagt die Umweltaktivistin. Seit April kampiert die Studentin mit 20 bis 25 Gleichgesinnten auf einer Obstwiese am Ortsrand von Morschenich im Rheinland. Sie habe ein „Praxissemester eingelegt“, sagt die 30-Jährige, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, verschmitzt.

Manche sind schon über eineinhalb Jahre hier, um gegen die Abholzung des Waldes an der Tagebauabbruchkante bei Kerpen-Buir zu protestieren. Aber so viel wie in den vergangenen vierzehn Tagen war in der Gegend schon lange nicht mehr los.

Das liegt an einem Aktionscamp auf der anderen Seite des Hambacher Forstes, das an diesem Freitag endet. Durch den Wald braucht man mit dem Fahrrad etwa eine Viertelstunde, um von dem einen zum anderen Camp zu kommen. Zwischen der seit Monaten besetzten Wiese am Hambacher Forst und dem Klimacamp in Manheim habe es ein „reges Hin und Her“ gegeben, konstatiert ein Polizeisprecher.

In den vergangenen zwei Wochen tummelten sich mehrere hundert KlimaaktivistInnen in Manheim. Der kleine Ort liegt in der Abbauzone des Tagebaus Hambach. Bis 2022 soll das Dorf verschwunden sein, schon jetzt steht mehr als ein Drittel der 420 Häuser leer. Das Rheinische Braunkohlerevier mit seinen Braunkohletagebauen und Kraftwerken, in denen der Energieträger verstromt wird, gilt als die klimaschädlichste Region Europas. Pro Jahr werden hier rund 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen.

Zivilen Ungehorsam üben

Trotz mancher polizeilicher Schikanen hat das Manheimer Aktionscamp den Widerstand neu belebt. Während der Energiekonzern RWE in einem Nachbarschaftsmagazin vor vermeintlich gewaltbereiten „Protesttouristen aus anderen Ecken Deutschlands und dem Ausland“ warnte, legten die AktivistInnen unter dem Motto „Grünkohl statt Braunkohle“ auf einem kleinen Feld in der Dorfmitte einen Gemeinschaftsgarten an.

Neben allerlei theoretischen Diskussionen über die Möglichkeiten eines besseren Lebens veranstalteten sie mehrere Demonstrationen und übten sich in der Praxis zivilen Ungehorsams. So besetzten sie mehrere leerstehende Häuser und blockierten stundenlang die Gleise der Hambacher Kohlebahn. Auch die Landesparteizentrale der Grünen in Düsseldorf bekam unerwarteten, aber friedlichen Besuch. Die KlimaaktivistInnen werfen der Partei „eine Mitschuld an der katastrophalen Kohlepolitik des Bundeslandes“ vor.

Allerdings waren nicht alle Aktionen gelungen. Dass einige Hitzköpfe nächstens die Scheiben der örtlichen Kreissparkasse einwarfen, sorgte auch unter den KlimaaktivistInnen für heftige Diskussionen. „Wir wissen, dass Banken in unserer Gesellschaft eine problematische Rolle spielen, aber wir empfinden den Angriff auf die kleine Filiale der Sparkasse in Manheim als nicht vermittelbar und entgegen der Interessen der DorfbewohnerInnen und des Klimacamps“, heißt es in einer Distanzierungserklärung.

Bislang unbehelligt von der Polizei oder den Werkschutzkräften von RWE haben die UmweltschützerInnen nun auch wieder mehrere Bäume im Hambacher Forst besetzt. 30 bis 40 Menschen sollen dabei sein, sich oben in den Bäumen häuslich einzurichten. Zu ihnen zu gelangen, ist nicht ganz einfach: Zahlreiche Waldwege sind mit Holz verbarrikadiert.

Wie auch immer: Dass der Widerstand gegen den Braunkohletageabbau weitergehen wird, scheint gewiss. Die DauercamperInnen auf der Obstwiese wollen jedenfalls weiter durchhalten. Der Hambacher Forst war ursprünglich 5.500 Hektar groß. Doch viel steht von dem einst riesigen Wald inzwischen nicht mehr. Wie auch etliche Häuser und Dörfer wurde er in den vergangenen Jahrzehnten verschlungen vom unersättlichen Braunkohletagebau. Verwüstet wurden dabei ganze Landstriche.

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