Betreuung der Flüchtlinge: Ein Land, zwei Standards

Die Versorgung in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber wird verbessert. Aktivisten geht das aber noch nicht weit genug.

Verantwortlich für die Unterbringung der Flüchtlinge: Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne). Bild: DPA

Nach massiver Kritik von BewohnerInnen wird die Betreuung der Flüchtlinge in der Zentralen Aufnahmestelle für AsylbewerberInnen (Zast) in Habenhausen nun verbessert. Am Freitag war auch Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) vor Ort. Die Zast sei „weder schön noch in einem guten Zustand – aber ohne Alternative“, hatte sie jüngst gesagt. FlüchtlingsaktivistInnen gehen die jetzigen Verbesserungen aber noch nicht weit genug. Kritik gibt es auch an der fehlenden Einbeziehung Bremerhavens in das vom rot-grünen Senat kürzlich beschlossene „Gesamtkonzept“.

In der Zast werden nun die täglichen Essenszeiten von jeweils einer Stunde auf eineinhalb Stunden ausgeweitet. BewohnerInnen hatten erzählt, dass sie ihre schlafenden Kleinkinder morgens um sieben Uhr in die Kantine tragen und bei der Essensausgabe hochhalten müssen, um überhaupt für sie eine Mahlzeit zu erhalten. Noch im Juni hatte das Sozialressort in einer jetzt veröffentlichten Vorlage für die Sozialdeputation geschrieben, die „Notwendigkeit einer grundsätzlichen Ausweitung der Öffnungszeiten wird nicht gesehen“. Mittlerweile hat das Ressort seine Position geändert – und verweist zur Begründung auf die Überbelegung der Zast. Dort leben 240 Menschen – obwohl die von der AWO geführte Einrichtung nur für 160 ausgelegt ist.

Auch Kritik von BewohnerInnen an der Qualität des Essens wies die Behörde in ihrem Bericht zurück. Es werde auf „abwechslungsreiche Kost Wert gelegt“ heißt es da, „konkrete Anhaltspunkte“ über „zu niedrige Verpflegungsstandards“ lägen nicht vor. Hebammen hatten kritisiert, dass das Essen gerade für Stillende und Schwangere „einfach zu unausgewogen“ sei. Das Ressort sagt nun, die Versorgung dieser Frauen in der Zast werde derzeit überprüft. Wenn die Kritik berechtigt sei, müsse es Änderungen geben, so Ressortsprecher Bernd Schneider.

Personell aufgestockt wurde jüngst die pädagogische Betreuung in der Zast, aber auch der Nacht- und Reinigungsdienst. FlüchtlingsaktivistInnen hatten die ungenügende Reinigung insbesondere der Sanitärräume kritisiert. „Viele leiden unter Verstopfung, weil sie sich nicht auf die Toilette trauen“, sagte zuvor eine Ärztin, zudem gebe es keine Möglichkeit, selbst zu reinigen. Dem widerspricht nun die Behörde: „Es darf auch selbst geputzt werden“, so Scheider, „aber es wird keiner dazu genötigt.“ Auch dem Vorwurf von Flüchtlingsinitiativen, die medizinische Versorgung der Flüchtlinge in der Zast sei mangelhaft, widerspricht Schneider. Dennoch wurde die medizinische Betreuung mittlerweile ausgeweitet: Inzwischen gibt es dort laut Ressort an fünf Tagen in der Woche eine ärztliche Sprechstunde. Zudem stehe den Flüchtlingen auch „das allgemeine Gesundheitssystem“ der Stadt zur Verfügung, so Schneider.

Marc Millies vom Flüchtlingsrat lobte die Verbesserungen als einen „Schritt in die richtige Richtung“, forderte aber weitere Schritte ein. Nach wie vor gebe es trotz der Vielzahl neuer Asylanträge viel zu wenig Beratung in Rechtsfragen, auch das kultursensible Angebot beim Essen müsse ausgeweitet werden.

Auf Kritik stößt auch die Ungleichbehandlung zwischen Bremen und Bremerhaven. 20 Prozent der Flüchtlinge, die das Land Bremen aufnehmen muss, landen in Bremerhaven. Dort müssen sie ein Jahr in Übergangswohnheimen leben – während Bremen beschlossen hat, dass es in seinen Stadtgrenzen nur drei Monate sein sollen. Auch das sogenannte „Gesamtkonzept“ der Landesregierung bezieht sich nur auf Bremen – in Bremerhaven ist der dortige Magistrat zuständig. „Es kann nicht sein, dass es bei der Menschenwürde Unterschiede zwischen beiden Städten gibt“, kritisiert Millies.

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