Internationale Presseschau: Kaiserin einer Union von Buchhaltern

In Europa und darüber hinaus wird Angela Merkels Wahlsieg mit Respekt verfolgt. Doch ihre Europapolitik sehen die Kommentatoren überwiegend kritisch.

Merkels Dominanz - nicht nur an Spaniens Zeitungskiosken. Bild: dpa

BERLIN dpa/taz | Der haushohe Sieg von Bundeskanzlerin Angela Mekel ist heute auch Thema in den internationalen Zeitungen. Die Kommentatoren beschäftigen sich dabei weniger mit der deutschen Innenpolitik, als mit der Person Merkel und den Folgen für Europa.

Zur Person Angela Merkel und der Einordnung ihres Sieges:

EL MUNDO (Spanien): „Merkel, Merkel über alles“

LE FIGARO (Frankreich): „Die Bundeskanzlerin hat den Ehrgeiz, Geschichte zu schreiben, und damit fängt sie jetzt an.“

THE GUARDIAN (Großbritannien): Unter dem Titel „Dies ist das Zeitalter von Merkel“ heißt es: „Haltet fest an Mutti. Das war die Botschaft der deutschen Wähler am Sonntag, als sich Angela Merkel - die Mutter der Nation, wie sie von ihren Imagemachern dargestellt wird - einen beeindruckenden persönlichen Triumph an den Wahlurnen sicherte, der ihren unangefochtenen Anspruch als dominierende politische Figur im modernen, krisengeschüttelten Europa untermauert.“

KURIER (Österreich): „Dieses Wahlergebnis ist ein Triumph, obwohl Angela Merkel dieses Wort nie in den Mund nehmen würde.“

NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (Schweiz): „Merkel hat sich in der deutschen Politik eine Ausnahmestellung erarbeitet, die selbst ihr politischer Ziehvater Helmut Kohl nicht erreichte. Denn der 'ewige Kanzler' war in seiner langen Amtszeit stets angefeindet. Merkel hingegen sorgt mit ihrer Art der leisen Töne und vielen kleinen Kompromisse dafür, dass niemand ihre Dominanz als bedrohlich empfindet.“

DER STANDARD (Österreich): „Mit Merkels Mittekurs triumphiert das Mittelmaß. Sie vermittelt den Deutschen Solidität und Stabilität.“

DE MORGEN (Belgien): „Eine Entscheidung für Merkel ist keine logische Entscheidung für ein Programm, sondern eine gefühlsmäßige Entscheidung für das Vertraute.“

Über die Bedeutung von Merkels Wahlsieg für Europa:

THE GUARDIAN (Großbritannien): „Angela Merkel hat sich gegen den europäischen Trend gesträubt, sie ist die einige Führerin der Eurozone, sowohl von links als auch rechts, die seit dem Ausbruch der Krise im Jahr 2010 wiedergewählt worden ist. In 17 Ländern sind 12 Regierungen gestürzt, das zeigt, wie geschützt sich die Deutschen unter Merkels Führung von der Krise fühlen.

EL PAIS (Spanien): „Die Partei der Kanzlerin hat ein zutiefst konservatives Deutschland geschaffen, sie erreichte nach der langweiligsten Wahl seit Jahrzehnten ihre besten Ergebnisse seit 25 Jahren. Nicht nur wegen Merkels persönlicher Beliebtheit, sondern auch, weil viele Landsleute ihre mitte-rechts-politischen Leitlinien als Freibrief empfinden, ein Europa in der Krise zu lenken.“

WALL STREET JOURNAL (USA): „Die starke Unterstützung für die CDU ist auch eine Bestätigung für Merkels Umgang mit der Euro-Schuldenkrise seit 2009. Trotz ihrer Schwerpunktsetzung auf Haushaltsdisziplin und marktfreundlichen Maßnahmen, die zu einer europäischen Spaltung geführt haben, hat sie in Deutschland eine große Unterstützung quer durch das gesamte politische Spektrum erhalten.“

DERNIÈRES NOUVELLES D'ALSACE (Frankreich): „Angela Merkel wird in Europa noch mehr Gewicht haben ... (...) Pech ... für Frankreich, dessen Stimme nicht mehr zählt und die erst wieder hörbar wird, wenn sich die Lage der französischen Wirtschaft bessert.“

RZECZPOSPOLITA (Polen): „Jetzt wird sich zeigen, wie die Deutschen unter Führung der Superkanzlerin Angela Merkel ihre enorm starke Stellung in der EU nutzen werden. Wird die Hegemonie Deutschlands an die proeuropäischen Traditionen vorheriger Kanzler anknüpfen oder sich gefährlich der Vision nähern, die man in drastischer Form auf Plakaten griechischer Demonstranten sehen konnte und Merkel mit Hitlerbärtchen zeigten.“

EL PERIODICO (Spanien): „Da nicht unmittelbar wieder Wahlen bevorstehen, werden wir jetzt eine viel entschlussfreudigere Kanzlerin erleben. Bleibt die Frage, in welche Richtung ihre Entscheidungen gehen werden, auch wenn sie Euro-Bonds und eine Umverteilung der Schulden bereits abgelehnt hat. Wird sie Europa anführen wollen? Wird es ein deutsches Europa? Oder ein europäisches Deutschland?“

TA NEA (Griechenland): „Ein Triumph für die Königin der Austerität. Europa wird zum Merkel-Land.“

DE VOLKSKRANT (Niederlande) „Merkel wird mit ihrem sensationellen Wahlsieg zur Kaiserin von Europa. Kaiserin einer Union von Buchhaltern, in der nicht die Größe der Armee wichtig ist, sondern der Umfang des Haushaltsdefizits. Und in der die Mitgliedstaaten wie '27 Pudel an der Leine von Angela Merkel laufen', wie ein EU-Botschafter sagte.“

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