Stadtteil-Initiative: Umzugsmobil für lau

In Eimsbüttel verleiht der Verein Else-Rauch-Platz gegen Spenden ein Stadtteilauto an jeden, der es braucht. Ein gültiger Führerschein reicht aus.

Mal 'ne Delle wär kein Drama: Das Flohmobil ist nicht das jüngste. Bild: Verein Else-Rauch-Platz

Umzüge sind teuer. Selbst mit einem hoch motivierten Freundeskreis, in dem niemand murrt, wenn die Waschmaschine in den vierten Stock gehievt werden soll, bleibt immer noch die Frage des Transports. Kaum jemand besitzt einen Lieferwagen, also kommt nur ein teurer Transporter von einer Autovermietung in Frage. „Da können viele Menschen aber allein die 500 Euro Kaution nicht bezahlen“, sagt Martin Sattler vom Verein Else-Rauch-Platz.

Der Verein hat deshalb ein Projekt zur Nachbarschaftshilfe in Eimsbüttel initiiert – in Form eines 24 Jahre alten blauen Mercedes-Transporters 208 D. Auf den grauen Planen prangt in blau-silbernen Graffiti-Buchstaben der Name des Gefährts „Kultour Flohmobil“. „Das kann sich jetzt jeder leihen, der ihn braucht – unkompliziert und unbürokratisch“, sagt Sattler, „ein Führerschein genügt uns.“ Am Ende muss der Mieter nur wieder volltanken und ins Fahrtenbuch eintragen, wo in Eimsbüttel das Stadtteilauto parkt. Einen festen Stellplatz gibt es nicht. Anfallende Reparaturen, Steuern und Versicherungen sollen von Spenden der Nutzer bezahlt werden. „Wir hoffen, keine Verluste zu machen, aber wenn, ist das auch nicht dramatisch“, sagt Sattler gelassen.

Eigentlich organisiert der Verein Else-Rauch-Platz einmal im Monat Flohmärkte auf dem ehemaligen Straßenbahn-Wendeplatz in Eimsbüttel. Die damit erzielten Gewinne werden zur Kulturförderung eingesetzt. „Wir haben schon Übungsräume für Bands finanziert oder Auftritte bezahlt“, erzählt der 49-Jährige. Aber auch nachbarschaftliche Hilfe sei den neun Vereinsmitgliedern wichtig. Vor einigen Jahren wurde schon ein PKW-Anhänger zum Verleihen angeschafft.

„Das läuft wunderbar, der Anhänger ist permanent unterwegs“, sagt Sattler. Auch die Nachfrage für den Transporter sei schon jetzt groß. Bereits am ersten Wochenende fuhr eine Studentin mit dem vollgepackten Stadtteilauto von Hamburg nach Lübeck. „Das hat ihren Umzug extrem vereinfacht“, erzählt ihre Freundin Stephanie Kröplin aus Eimsbüttel, die den Kontakt zu dem Verein vermittelte. „Ohne Kaution ist das Auto auch für Leute, die wenig Geld haben erschwinglich“, sagt die 32-Jährige. „Wenn das die Runde macht, ist das Stadtteilauto immer ausgebucht.“

Die Warteliste kann im Internet auf der Homepage des Vereins abgerufen werden (www.else-rauch-platz.de). Anmelden kann sich jeder, der das Auto mieten möchte, per E-Mail. Einzig an Rechtsextreme wolle man den Mercedes nicht verleihen. Fahranfänger, die beim Einparken womöglich einmal einen Poller übersähen, wären hingegen kein Problem. „Wir haben extra ein altes Auto ausgesucht, wenn da eine Delle reinkommt, ist das auch kein Weltuntergang“, sagt Sattler lachend.

Mit dem Projekt reagiert der Verein Else-Rauch-Platz auf soziale Veränderungen. „Es gibt immer mehr Menschen, die nur ganz wenig Geld haben“, stellt Sattler fest. Und für die gebe es immer weniger Platz in Eimsbüttel. „Der Stadtteil gentrifiziert sich wunderbar“, sagt Sattler bitter. Kontakte zwischen Nachbarn und Initiativen kämen häufig zu kurz. „Aber vielleicht hat unser Projekt ja Vorbildcharakter, und wir können unsere Erfahrungen bald weitergeben“, hofft er.

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