Nigers Präsident über Entwicklung: „Kasernen und Schulen“

Kurzfristig brauche der afrikanische Staat Niger mehr Infrastruktur fürs Militär, langfristig mehr Entwicklung. Das sagt der Präsident des Landes, Mahamadou Issoufou.

„Entwicklung ist ganzheitlich“: Henna-Pflanze im Niger. Bild: reuters

taz: Herr Präsident, Niger liegt neben den unsicheren Ländern Mali, Libyen und Nigeria, aber erst neulich hat Frankreich Ihnen gratuliert, weil Sie das Problem von vier französischen Geiseln in der Hand von Islamisten lösen konnten. Wie sehen Sie die aktuelle Sicherheitslage Ihres Landes?

Mahamadou Issoufou: Die Bedrohungen in der gesamten Sahelzone sind immer noch da: Bedrohungen durch Terroristen, kriminelle Drogenschmuggler, Menschen- und Waffenschmuggler – und separatistische Kräfte, die immer wieder in gewissen Ländern aus nicht immer nachvollziehbaren Gründen in den Aufstand treten, das dürfen wir nicht vergessen.

Wie gehen Sie damit um?

Kurzfristig sind die Lösungen im Sicherheitsbereich zu suchen. Wir brauchen bessere Aufklärung und bessere operationelle Kapazitäten im Militär. Wir sollten unsere militärischen Fähigkeiten in der gesamten Sahelzone bündeln. Aber langfristig besteht die Lösung in Entwicklung. Armut ist der Bodensatz, auf dem Extremismus, Terrorismus und organisiertes Verbrechen gedeihen. Daher wollen wir ein Sicherheits- und Entwicklungsprogramm nicht nur für Niger, sondern für die gesamte Sahelzone.

Die EU hat ja schon so ein Programm ins Leben gerufen...

Wir begrüßen die Sahel-Initiative der EU, ebenso die integrierte UN-Strategie für Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad. Erst vor kurzem bereiste eine wichtige Delegation unter Führung von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon diese Region. Ich denke, dass all diese Initiativen zusammen mit den nationalen Anstregnungen der betroffenen Länder zu wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung führen können, womit wir die Armut und damit den Terrorismus zurückdrängen können.

geb. 1952, ist seit April 2011 Präsident des Niger. Er gewann die Wahlen von 2011 mit 58 Prozent in der Stichwahl. Er führt die sozialdemokratische Partei PNDS-Tarayya (Nigrische Partei für Demokratie und Sozialismus), die zuvor in der Opposition zum Autokraten Mamadou Tandja gestanden hatte. Issoufou, gelernter Ingenieur, war in 1990er Jahren bereits Parlamentspräsident und Premierminister und leitete davor für die nigrische Seite die Areva-Uranmine Arlit. Die taz sprach ihn in Brüssel.

Die Initiativen sind da, aber welche Mittel gibt es zu ihrer Umsetzung? Wo soll man anfangen? Mit Infrastruktur?

Entwicklung ist ganzheitlich. Infrastruktur, klar, denn viele Länder haben die Erfahrung gemacht, dass ein gutes Verkehrsnetz die nationale Einheit und die Herausbildung von Nationen fördert. Darüberhinaus müssen wir Schulen bauen, Gesundheitszentren, den Menschen Zugang zu sauberem Wasser bieten. Es geht um wirtschaftliche und menschliche Entwicklung.

Sie sagen aber, kurzfristig geht es um Sicherheitspolitik. Die EU bildet in Mali Soldaten aus und in Niger Offiziere, in der Mission Eucap-Sahel. Ist das ausreichend aus Ihrer Sicht?

Wir wünschen uns, dass man darüber hinausgeht. Wir brauchen Verteidigungsinfrastruktur. Wir müssen Truppen dort stationieren können, wo es keine Infrastruktur gibt. Wir brauchen Kasernen. Dafür brauchen wir Mittel und wir glauben, dass unsere Partner uns dabei unterstützen werden.

Niger hat auch eigene Mittel – aus den großen Uranminen. Es gibt Kritik beispielsweise von Oxfam, wonach die Verträge zwischen Nigers Staat und dem französischen Konzern Areva, der die Minen betreibt, ungerecht seien. Stimmen Sie zu?

Wir befinden uns in Verhandlungen mit Areva. Wir haben noch keine Einigung erreicht. Es gibt Konventionen, die vor einigen Jahren unterschrieben wurden und die zum Jahresende auslaufen. Die verhandeln wir neu und wir denken, dass diese Verhandlungen zu einem Gleichgewicht führen werden. Wir haben eine strategische Partnerschaft nicht nur mit Areva, sondern auch mit Japanern und Spaniern, die Teilhaber an den Minen sind. Also wünschen wir uns eine gerechte Partnerschaft mit allen Partnern, damit Niger aus der Ausbeutung dieser Ressourcen möglichst viel zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung seiner Bevölkerung herausholen kann.

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