Sportförderung in Bremerhaven: Lieb und teuer

Das klamme Bremerhaven unterstützt zwei Profiklubs mit Millionensummen. Jetzt prüft die EU, ob diese Finanzspritzen rechtens sind.

Wichtig für den Standort, findet man im Rathaus: Basketball-Bundesligist Eisbären Bremerhaven. Bild: dpa

HAMBURG taz | Es ist ja nicht so, dass die Stadt im Geld schwimmt. Mit 1,5 Milliarden Euro ist Bremerhaven verschuldet, kämpft mit Arbeitslosigkeit und Armut. Der nach langem Hin und Her soeben verabschiedete Doppelhaushalt für 2014/2015 sieht trotz rigorosen Sparkurses rund 16 Millionen Minus pro Jahr vor.

Leicht gekürzt wurde dabei auch die Förderung für den Basketball-Bundesligisten Eisbären Bremerhaven und den Eishockey-Zweitligisten Fischtown Pinguins. Was aber nichts daran ändert, dass die klamme Stadt sich gegenüber ihren sportlichen Aushängeschildern durchaus spendabel zeigt: Insgesamt fast zwei Millionen Euro schenkt sie den Klubs jeweils in den Haushaltsjahren 2014 und 2015.

Das ärgert viele Steuerzahler: So mancher Bremerhavener kann nicht fassen, dass Dunkings und Bodychecks im Haushaltsplan ähnlich bedacht werden wie etwa Theater, neue Lehrer oder auch der Breitensport. In Internetforen ist von „maßloser Geldverschwendung“ die Rede und von „Brot und Spielen für das Volk“. Befürworter verweisen im Gegenzug auf andere, noch gravierendere Möglichkeiten, öffentliches Geld auszugeben: die Polizeieinsätze bei Werder-Spielen etwa, den Bremer Space Park oder auch die Elbphilharmonie in Hamburg.

Sei’s drum: Bremerhavens Kommunalpolitiker halten ihren Profiklubs die Treue – und sie teils sogar über Wasser. So haben die Eisbären immerhin auch richtige Sponsoren und sind bei einem Gesamtetat von 3,5 Millionen Euro nicht gänzlich abhängig von den rund 800.000 Euro Zuschuss pro Jahr. Fiele aber bei den Pinguins die runde Million Zuschuss und Schuldendiensthilfe weg, drohte die Insolvenz: Nahezu das gesamte Budget des Vereins stemmt die Stadt.

Im weitesten Sinn Kultur

Im Haushaltsplan werden die Zuschüsse als „allgemeine Wirtschaftsförderung“ verbucht. Gleichwohl zählen die Profitierenden laut Magistrat „im weitesten Sinne“ zum Kultursektor. Demnach wären also Eisbären und Pinguine gemeinnützige Institutionen wie Museen oder Schwimmbäder. Vielleicht ist das ja der teuer erkaufte Sinn und Nutzen der Subventionen: Die zwei Teams – mit durchschnittlich jeweils etwa 3.000 Zuschauern pro Heimspiel – geben der Stadt, der die Einwohner weglaufen, ein Stück Stolz und Lebensqualität zurück. Sie bieten Zerstreuung, Gesprächsstoff – und Vorbilder.

Offiziell wird die Förderung vor allem durch Werbeeffekte gerechtfertigt: Die Klubs seien wichtig für das Standortmarketing, meint etwa Thorsten Raschen (CDU). Dagegen sagt etwa der Grüne Claudius Kaminarz: „Wir können nicht bei der Bildung sparen und gleichzeitig zwei Profi-Vereine bezuschussen“ – für Raschen ein „Großangriff“ auf den Spitzensport in Bremerhaven.

So wie Real Madrid

Womöglich kommt die eigentliche Attacke aber bald aus Brüssel: Schon länger hat die EU allzu großzügige Subventionen der öffentlichen Hand im Spitzensport auf dem Kieker. Diese unerlaubte Beihilfe – darunter fallen auch die Bereitstellung der Infrastruktur, fragwürdige Kredite, Steuerschuldenerlasse oder dubiose Grundstückgeschäfte – wertet sie als Verzerrung des sportlichen und wirtschaftlichen Wettbewerbs.

In Spanien haben die Kommissare etwa Real Madrid im Visier, in den Niederlanden PSV Eindhoven. Experten sind sich einig, dass sich die EU nicht nur auf „König Fußball“ beschränken und auch Fälle in Deutschland untersuchen wird. Laut dem Weser-Kurier haben die Brüsseler Wettbewerbshüter bereits in Bremerhaven nachgehakt. Vorsorglich hat die Stadt, die angibt, stets „rechtskonform“ gehandelt zu haben, einen Gutachter bestellt: um frühzeitig „entsprechende Anpassungen“ bei der Förderung vornehmen zu können.

Im schlimmsten Fall drohen für die nicht genehmigten Finanzspritzen Straf- und Rückzahlungen in Millionenhöhe – Geld, das weder die Stadt noch die Klubs, die nicht zu einer Stellungnahme bereit waren, über haben. Einen Nutzen immerhin hat das Horrorszenario: Es hilft dabei, die Debatte über die Spitzensportförderung in Bremerhaven wieder zu eröffnen.

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