Kommentar Janukowitsch: Vergiftete Offerte in Kiew

Die Macht des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch bröckelt. Auch Politiker und Oligarchen gehen auf Distanz. Da hilft auch sein jüngster Winkelzug nichts.

Ein Bild aus besseren Zeiten: Wiktor Janukowitsch 2001. Bild: dpa

Da geht doch was: Noch vor einer Woche waren die Führungsspitzen der politischen Opposition dem ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch nicht einmal ein persönliches Gespräch wert. Jetzt bietet er zweien von ihnen, dem Chef der Vaterlandspartei Arsenij Jazenjuk und Exboxweltmeister Vitali Klitschko, Regierungsämter an.

Der jüngste Winkelzug von Janukowitsch, mit dem er versucht, die Opposition zu spalten, macht eines unmissverständlich klar: Dem Staatschef dämmert, dass ihm das Wasser bis zum Hals steht und seine Zeit abgelaufen ist. Die Basis seiner Macht bröckelt.

Dabei geht es schon längst nicht mehr nur um die Demonstranten in Kiew, die ihre Proteste unbeirrt fortsetzen. Auch die Kontrolle über immer mehr Regionen, in denen die Menschen aufbegehren, scheint der Zentrale in Kiew langsam, aber sicher zu entgleiten. Oligarchen wie Rinat Achmetow gehen zu Janukowitsch mittlerweile genauso auf Distanz wie Abgeordnete und andere Amtsträger der Partei von Janukowitsch.

Die Opposition tut in dieser Situation gut daran, sich nicht auf faule Kompromisse einzulassen. Zum einen würde sie damit ihre eigene Glaubwürdigkeit untergraben. Zum anderen wäre sie ohne eine Mehrheit im Parlament und mit nur beschränkten Regierungsvollmachten ohnehin kaum handlungsfähig.

Die Frage ist, ob Klitschko und seine Mitstreiter, die mindestens genauso viel trennt wie eint, es schaffen, an einem Strang zu ziehen. Das gilt auch im Hinblick auf faschistoide gewaltbereite Demonstranten, denen nicht das Feld überlassen werden darf. Das gilt aber vor allem für die Erfüllung der Maximalforderung: Rücktritt von Janukowitsch und schnellstmöglich vorgezogene Präsidentenwahlen. Die Chancen, dass Janukowitsch einlenkt, sind gut. Jetzt gilt es, sie zu nutzen.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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