Privathochschule in Berlin: Vorbildlich gescheitert

Die Viadrina School of Governance meldet Insolvenz an – trotz 18.000 Euro Studiengebühren pro Master. Ob es weitergeht, entscheiden die nächsten Monate.

Damals gab es noch Blumen, jetzt muss sie die Scherben aufkehren – Gründerin Gesine Schwan. Bild: ap

BERLIN taz | Gute Politik- und Unternehmensführung können Studierende an der Berliner Humboldt-Viadrina School of Governance (HVSG) lernen. Doch nun müssen sich Gründerin Gesine Schwan und ihre Geschäftsführung selbst noch einmal auf diesem Feld schlau machen.

Die Hochschule meldete am vergangenen Donnerstag Insolvenz an. Ein Insolvenzverwalter prüft nun, wie es weitergeht und ob die Hochschule geschlossen wird. „Ich bin ein sehr optimistischer Mensch und voller Hoffnung, dass unser Ansatz für eine bessere Demokratie fortgesetzt werden kann“, so Schwan zur taz. Die Hochschule hat nun drei Monate Zeit, ein Sanierungskonzept vorzulegen.

Die zweimalige SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan gründete die kleine private Hochschule nach mehreren Anläufen im Jahr 2009. Sie bietet nach dem angelsächsischen Vorbild der Professional Schools einen berufsbegleitenden Master an. Für die Anerkennung des Abschlusses bürgen die Berliner Humboldt-Universität und die Viadrina-Universität in Frankfurt (Oder). Letztere leitete Schwan bis 2008.

Ihren Jahresetat von 1 Million Euro muss sich die private Filiale der beiden staatlichen Unis selbst erwirtschaften. Die HVSG ist dabei hauptsächlich auf Studiengebühren angewiesen, die sich auf 18.000 Euro pro Master belaufen. Daneben wirbt man Forschungsgelder und Spenden ein, unter anderem von der Volkswagen-Stiftung und zahlreichen NGOs. Auch Schwan soll ihre gesamten Vortragshonorare in fünfstelliger Höhe in die HVSG gesteckt haben.

Die Einnahmen reichten jedoch nicht aus, um die Mitarbeiter und die Miete für das Gebäude in Sichtweite des Regierungsviertels zu finanzieren. Es gebe ein strukturelles Defizit im mittleren fünfstelligen Bereich, sagte eine Sprecherin. „Wir brauchen mehr Studierende.“

Momentaner Aufnahmestopp für Studenten

Zurzeit werden jedoch keine neuen Studenten aufgenommen. Auch die eigentlich für April geplante Eröffnung des zweiten Studiengangs „Governance und Human Rights“ ist von den zwei Mutteruniversitäten gestoppt worden.

Die 58 Studierenden, die zurzeit für den Master of Public Policy in Deutsch und Englisch eingeschrieben sind, könnten ihr Studium auf jeden Fall beenden, versichert die Sprecherin der Viadrina-Universität. Zur Not können sie das in Frankfurt (Oder) tun.

Im Wintersemester 2012 konkurrierten in Deutschland 129 private Hochschulen um Studierende. In der Mehrzahl haben sie, wie die HVSG, nur einen Fachbereich. „Private Hochschulen haben in einem gebührenfreien Land wie Deutschland nur eine Chance, wenn sie Nischen besetzen, die die staatlichen Hochschulen nicht ausfüllen“, sagt Ulrich Müller vom Centrum für Hochschulentwicklung.

Möglicherweise habe die HVSG die Nachfrage falsch eingeschätzt. Nur einen Kilometer Luftlinie von der Viadrina School entfernt residiert die Hertie School of Governance, die seit zehn Jahren ebenfalls Menschen für modernes Regieren ausbildet. Finanzkräftig unterstützt von der Hertie-Stiftung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.