Wahl in Südafrika: Zuma ist kein Zugpferd mehr

Der ANC, Mandelas Partei, wird wohl siegen. Dabei wird die Infrastruktur vernachlässigt, die Arbeitslosigkeit ist hoch – und die Opposition lauter denn je.

Anstehen, um abzustimmen. Township außerhalb Kapstadts. Bild: ap

JOHANNESBURG taz | Es ist Südafrikas erste Wahl seit Nelson Mandelas Tod und die am heftigsten umkämpfte der südafrikanischen Geschichte. Mandelas einstige Befreiungsbewegung ANC (Afrikanischer Nationalkongress) steht nach zwanzig Jahren an der Macht vor ihrer größten Herausforderung. Denn die Unzufriedenheit in der Bevölkerung ist gewachsen.

An der Spitze der Empörung steht Präsident Jacob Zuma mit dem Ausbau seines Wohnsitzes Nkandla in seiner Heimatprovinz Kwazulu-Natal zu einem gigantischen Luxusanwesen, größtenteils aus Steuergeldern finanziert. Seine Partei und der Präsident selbst haben einen unabhängigen Untersuchungsbericht zu diesem Skandal heruntergespielt.

Derweil wird die schlechter gewordene Infrastruktur im Land vernachlässigt, die Arbeitslosigkeit bleibt hoch, von Armut sind noch immer viele betroffen. Viele Menschen haben keine Ausbildung und die ausgebildete Jugend findet häufig keinen Einstieg in den Arbeitsmarkt.

Gerade die junge Generation der „Born-Frees“, die jetzt erstmals wählt und ohne die seelischen Belastungen der Apartheid aufwuchs, äußert sich häufig frustriert. Viele können sich auch mit der Opposition identifizieren oder gehen gar nicht erst zur Wahl. ANC-Plakate legen zwar überall nahe: „Wir haben eine gute Geschichte zu erzählen.“ Aber Wähler reagieren zynisch. Immer weniger stimmen noch „blind“ für den ANC wie zu Mandelas Zeiten.

Präsident Zuma ist kein Zugpferd mehr. Als er im Dezember 2013 in Soweto zur Beerdigung Nelson Mandelas sprach, gab es Buhrufe. Am selben Ort sprach er am Montag zur Abschlusskundgebung – und viele gingen frühzeitig. Dennoch waren die ANC-Anhänger siegessicher. Zuma hob nicht nur die Errungenschaften seit 1994 hervor. Er beteuerte auch, ab jetzt schneller die notwendigen Verbesserungen besonders in der Bildung, Gesundheit, der ländlichen Entwicklung sowie im Kampf gegen Kriminalität und Arbeitslosigkeit umzusetzen. Der ANC hat den finanzstärksten Wahlkampf hingelegt und dominiert die südafrikanische Politik weiterhin klar.

Revolution und Umverteilung

Aber rund 40 Prozent der Südafrikaner sind arbeitslos. Von der schwarzen Mehrheit lebt noch immer die Mehrheit in Armut. Auf die Zukurzgekommenen zielt die neue Partei EFF (Economic Freedom Fighters) des einstigen ANC-Jugendliga-Führers Julius Malema. Er spricht von Revolution und Umverteilung, von Verstaatlichung und Landenteignung. Solche antikapitalistischen Parolen befriedigen diejenigen, die sich auch im neuen Südafrika ausgeschlossen fühlen. Dabei liebt Malema Luxusgüter ebenso wie Zuma, und er hat Betrugsverfahren am Hals.

Die größte Bedrohung für den ANC kommt nicht von links, sondern von rechts, von Südafrikas größter Oppositionspartei DA (Demokratische Allianz). Die einstige Partei weißer Liberaler verzeichnet seit Jahren stetig Zuwachs. In und um Kapstadt regiert sie schon – jetzt will sie auch in den ANC-Hochburgen um Johannesburg punkten.

Helen Zille, die streitlustige deutschstämmige DA-Führerin, tourt durch die Townships und verspricht sozialen Wandel, ein Wirtschaftswachstum von acht Prozent und sechs Millionen Jobs in den nächsten zehn Jahren. Damit hofft sie auf 30 Prozent. Aber die DA ist vielen traditionellen ANC-Wählern noch zu weiß, obwohl sie mehr schwarze Politiker aufstellt als je zuvor.

Als schwarzer Rivale zur DA versucht die neue Partei Agang, dem ANC Wähler der Mittelschicht abzujagen. Mit Mamphela Ramphele, frühere Weltbankmanagerin und zugleich einst Lebensgefährtin des landesweit respektierten Antiapartheidkämpfers Steve Biko, besitzt Agang eine charismatische Führung, aber ist wenig präsent.

Die Glaubwürdigkeit von Mandelas ANC steht auf dem Spiel. Aber die Wahl in Südafrika scheint entschieden. Offen ist laut Umfragen nur, ob der ANC eine Zweidrittelmehrheit einfährt oder zum ersten Mal unter die symbolische 60-Prozent-Hürde fällt.

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