Wohnen: Polizei hat Situation "zu gut unter Kontrolle"

Protest blieb erfolglos: Mohamed S. und seine Familie wurden zwangsgeräumt

Die Aktivisten wollten Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) im Gespräch davon überzeugen, den Zwangsumzug zu stoppen, hatten aber keinen Erfolg. Bild: dpa

Laute Slogans hallen am Donnerstagmorgen durch die Wohngegend in der Nähe des Jakob-Kaiser-Platzes in Charlottenburg: „Hohe Mieten, Zwangsumzug, davon haben wir genug.“ Rund 70 Menschen haben sich versammelt, die ihrem Unmut über die anstehende Zwangsräumung der Wohnung von Mohamed S., seiner Lebensgefährtin Ngo B. und ihrem vierjährigen Kind Luft machen. Eigentlich wollte das Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ die Räumung blockieren. Doch „die Polizei hatte die Situation zu gut unter Kontrolle“, sagte David Schuster, Sprecher des Bündnisses.

Frühzeitig abgeriegelt

Beamte hatten den Zugang zum Mehrfamilienhaus schon am frühen Morgen mit Gittern abgeriegelt. Pünktlich um 9 Uhr betrat die Gerichtsvollzieherin das Gebäude und übernahm die Wohnung. Draußen standen schon zwei Umzugstransporter bereit, um die Möbel der geräumten Familie abzutransportieren.

Der Protest der Aktivisten richtete sich gegen das landeseigene Wohnungsunternehmen Gewobag, das trotz der besonderen Situation der Familie an dem Räumungstitel festhielt. Mohamed S. ist 68 Jahre alt und seit einem Schlaganfall arbeitsunfähig, lebt von Grundsicherung.

S., den die bevorstehende Räumung laut Bündnissprecher „ziemlich mitgenommen“ hatte, verließ den Ort des Geschehens, noch bevor die Gerichtsvollzieherin die Wohnung betrat. Wo er sich derzeit aufhält, ist nicht bekannt. Ngo B. befinde sich mit dem Kind seit Mittwochabend übergangsweise in einer Ersatzunterkunft, teilte ein Polizeisprecher der taz mit. Die Unterkunft befinde sich in einem Apartmenthaus und bestehe aus einem Zimmer mit Küchenzeile und eigener Dusche, sagte die grüne Bezirksstadträtin für Jugend, Elfi Jantzen. „Der Platz ist ausreichend für drei Personen, das Sozialamt übernimmt derzeit die Kosten.“ Ausziehen müsse die Familie erst, wenn eine Wohnung gefunden werde, die für eine dauerhafte Lösung geeignet sei, sagte Jantzen weiter.

Der Grund für die Räumung sind Mietschulden, für die S. anfänglich gar nichts konnte. Das Grundsicherungsamt hatte seine Zuwendungen gekürzt. Im Vorfeld der Räumung versuchte das Bündnis auf Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) einzuwirken. Die Aktivisten wollten Müller im Gespräch davon überzeugen, den Zwangsumzug zu stoppen – ohne Erfolg.

MARKUS MAYR, JULIANE SCHUHMACHER

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