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Archiv-Artikel

Neue Regeln für Ratingagenturen

FINANZKRISE Bundeskabinett beschließt Gesetz: Bei Interessenkonflikten droht Millionen-Bußgeld

BERLIN dpa | Die seit der Finanzkrise in der Kritik stehenden Ratingagenturen sollen schärferen Regeln unterworfen werden. In besonders schweren Fällen müssen die Agenturen, die die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, Finanzprodukten sowie von Staatsschuldnern bewerten, mit Bußgeldern bis zu 1 Million Euro rechnen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch. Die Regierung setzt damit EU-Vorgaben um, die auf mehr Transparenz bei den Ratingagenturen und die Vermeidung von Interessenkonflikten zielen.

Die einflussreichen Ratingagenturen waren wegen ihrer Bewertungen umstrittener Finanzkonstrukte in Zusammenhang mit der US-Immobilienkrise weltweit in die Kritik geraten. Die Politik warf den Bewertungsgesellschaften vor, zu spät reagiert zu haben. Kritiker sehen zudem einen Interessenkonflikt, weil die Agenturen Berater für Finanzprodukte gewesen seien und diese zugleich bewerteten. Die Agenturen bestritten den Konflikt. Der Markt wird von den drei US-Agenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch beherrscht.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) soll zunächst für die nationale Aufsicht zuständig sein. Die Agenturen sollen zur Finanzierung der Bafin beitragen. Im Rahmen der neuen europäischen Aufsichtsstrukturen soll die Überwachung 2011 auf die neue Wertpapieraufsichtsbehörde (Esma) übergehen.

Als „besonders schwerwiegend“ mit einem Bußgeld von bis zu 1 Million Euro gilt nach dem Gesetzentwurf, wenn eine Ratingagentur eine Bonitätsbewertung abgibt, obwohl ein Interessenkonflikt vorliegt und sie ein Unternehmen „oder einen verbundenen Dritten“ sowohl berät als auch bewertet. Das Höchstbußgeld droht zudem, wenn trotz fehlender verlässlicher Daten nicht auf eine Bewertung verzichtet oder die Benotung nicht zurückgezogen wird. Bei anderen Verstößen beträgt der Bußgeldrahmen bis zu 200.000 Euro.

Die Bafin bekommt das Recht, auch ohne konkreten Anlass Ratingagenturen und die mit ihnen verbundenen Unternehmen durch unabhängige Wirtschaftsprüfer kontrollieren zu lassen.

Bei schweren Verstößen muss die Aufsicht unverzüglich informiert werden. Bafin-Maßnahmen greifen sofort: „Dies ist für die Gefahrenabwehr auf den Finanzmärkten geboten, da hier in kurzer Zeit sehr hohe Schäden für Dritte entstehen können.“ Widerspruch und Anfechtungsklagen haben keine aufschiebende Wirkung.