Kinder-Betreuung: Der Trend zur Doku-Kita

Größere Einrichtungen, höhere Ansprüche: Der „Paritätische“ will seine Elternvereine professionalisieren.

Spielen langt nicht mehr: Erzieherin in einer Kita. Bild: dpa

Das Sozialressort hat die Einrichtung von 2.100 zusätzlichen Kita-Plätzen bis 2019 angekündigt, 650 davon im U3-Bereich. Der „Paritätische Bremen“, Träger von 3.400 Betreuungsplätzen, begrüßt den quantitativen Ausbau – und fordert zugleich eine Qualitätsoffensive. Insbesondere die Elternvereine will der Verband mit einer neu entwickelten Schulung inhaltlich und administrativ unterstützen.

Elternvereine betreiben mittlerweile nicht mehr nur Kleineinrichtungen, betont Ulrike Schönig vom „Eltern in Findorff e. V.“. 28 ErzieherInnen betreuen dort 110 Kinder. „So gesehen sind wir ein mittelständisches Unternehmen“, sagt Schönig. Mit 18 KollegInnen nahm sie am ersten Lehrgang des Paritätischen teil: Sie haben sich durch einen 230 Fragen umfassenden Katalog gearbeitet, mit dem sämtliche Kita-Aspekte zwischen Sommerfest-Planung, Raumaufteilung und Einarbeitung von PraktikantInnen und neuen KollegInnen reflektiert werden. Die Einrichtungen sollen Prozesse systematisieren und verbindliche Ablaufpläne erstellen: „Wer wächst, muss eben sein System ändern“, sagt Wibke Preuß vom Sternschnuppe e. V. in Oberneuland – der mittlerweile auch schon 16 MitarbeiterInnen hat.

Seit 2004 gilt für alle Kitas der „Rahmenplan für Bildung und Erziehung im Elementarbereich“, auch für die insgesamt rund 130 Bremer Elternvereine. Er soll, sagt Sozialsenatorin Anja Stahmann von den Grünen, „die frühkindlichen Bildungsprozesse stärken“ und „das gemeinsame Verständnis der verschiedenen Partner für Bildung und Erziehung“ fördern. Demnächst ist auch die „Individuelle Lern- und Entwicklungsdokumentation“ verpflichtend. Doch wann kippt die Balance zwischen Papieraufwand und inhaltlichem Nutzen?

Schönig sieht den Verschriftlichungsansatz als Gratwanderung zwischen Nutzen und Einengung – und betont: „Die entscheidende Grundlage für Betreuungsqualität bleibt schlicht der Personalschlüssel.“ Den Lehrgang schätzt sie nicht zuletzt als Austausch-Forum.

„Erst macht es Arbeit, dann spart man sie“, meint Herbert Förster, der Kita-Fachberater des Paritätischen, in Bezug auf die organisatorischen Aspekte der neuen Dokumentationskultur. „Einen großen Haufen Verwaltungsarbeit“ befürchtet der Paritätische im Übrigen wegen der zu viel gezahlten Kita-Gebühren. Rund 400 Eltern haben erfolgreich gegen die im Januar von der Bürgerschaft beschlossene rückwirkende Erhöhung geklagt. „Wir gehen aber davon aus“, sagt Anke Teebken, Sprecherin des Paritätischen, „dass das alle Eltern zurückbekommen müssen.“ Das wären dann rund 14.000.

Am Dienstag will der Senat das Problem abermals beraten – wobei auch die Frage zu klären ist, ob die Kitas ihren nun zusätzlich entstehenden Verwaltungsaufwand dem Sozialressort in Rechnung stellen dürfen.

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