„Charlie Hebdo“-Video in den Medien: Blutige Bilder aus Paris

Schnell kursierte im Netz ein Video, das die Erschießung eines Polizisten zeigt. Journalisten gehen mit dieser Szene unterschiedlich um.

Aus dem umstrittenen Video vom „Charlie Hebdo“-Attentat. Bild: reuters

BERLIN taz | Ein Amateurvideo dokumentiert den Terroranschlag auf die Redaktion des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo. Es wird auch von einigen deutschen Medien verbreitet. Der Clip zeigt, wie einer der Attentäter auf einen am Boden liegenden Polizisten zuläuft und ihm aus nächster Nähe in den Kopf schießt.

Am Mittwoch um 13:26 Uhr hat Spiegel-Online-Chefreporter Jörg Diehl auf seinem Twitter-Account @SponDiehl den Link zu dem Amateurvideo, das auf einer niederländischen Internetseite zu sehen ist, geteilt. Viele Nutzer empören sich über die Weiterverbreitung des Clips durch Diehl: „Sie sind eine Schande für Ihren Berufsstand“, schreibt Diego Garcia. Und Albert: „Sie bedienen Gaffer und verhöhnen die Opfer.“

Diehl rechtfertigt die Veröffentlichung. Es gebe „unter dem Film eine explizite Warnung, was zu sehen sein wird“. Die gab es tatsächlich. In niederländischer Sprache. Diehl sagt auf taz-Nachfrage: „Auf Spiegel Online verzichten wir grundsätzlich darauf, den Tod eines Menschen in Film oder Fotografie abzubilden. Die Menschenwürde des Opfers verbietet eine solche Darstellung, die unangemessen wäre.“

Das entspricht dem Pressekodex des Deutschen Presserats: „Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid.“ Warum Diehl das Video trotzdem durch den Link auf eine andere Seite verbreitet, erklärt er nicht. Medienanwalt Tim Hoesmann weist darauf hin, dass die Veröffentlichung laut Strafgesetzbuch auch strafbar sein könnte: „Gewaltdarstellungen wie die Tötung des Polizisten in dem Charlie-Hebdo-Video im Internet sind verboten.“

Fassungsloser Verbandssprecher

In derartigen Situationen könnte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) zur Mäßigung aufrufen. Aber auch der Brandenburger Landesvorsitzende Klaus Minhardt veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite das Video. Auf der Facebook-Seite des Verbandes wurde der Link ebenfalls weiterverbreitet. Der DJV-Landesverband findet das in Ordnung und verweist darauf, dass auch die Fernsehsender n-tv und France24 das Video gezeigt hätten.

Das stimmt so nicht: Zumindest bei n-tv.de stoppt das Video kurz vor dem Schuss des Attentäters, steht dann für einen Moment und zeigt dann erst wieder die davonlaufenden Täter. Die Tötung selbst ist nicht zu sehen. Beim Bundesverband des DJV stellt Sprecher Hendrik Zörner klar: „Es gibt keine Rechtfertigung, Bilder von der gezielten Tötung von Menschen zu zeigen.“ Die Twitter-Aktion wird ein Nachspiel im Verband haben. Dazu Zörner: „Ich stehe da halbwegs fassungslos vor.“ (taz)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.