Tierversuche zu Fettleibigkeit: Lebensmittelzusätze unter Verdacht

Eine neue Studie zeigt: Zwei Emulgatoren, die in vielen Nahrungsmitteln vorkommen, machen Mäuse krank. Möglicherweise auch Menschen.

Ist in diesem Eis etwa E466? Bild: reuters

BERLIN taz | Bestimmte Lebensmittelzusatzstoffe könnten Darmentzündungen und Fettleibigkeit begünstigen. Das geht aus einer am Mittwoch in der Wissenschaftszeitschrift Nature veröffentlichten Studie über Emulgatoren hervor, die auch in der EU erlaubt sind.

Diese Chemikalien ermöglichen beispielsweise, Öl und Wasser in Margarine zu vermengen. Die Nahrungsmittelindustrie setzt sie auch ein, um etwa die Textur von Eiscreme zu verbessern. In Backwaren, Schokolade oder Wurst sorgen sie dafür, dass das Fett gleichmäßig verteilt bleibt. Deshalb gehören sie zu den am weitesten verbreiteten Zusatzstoffen in Lebensmitteln.

Doch bei Versuchen an der US-Universität Georgia State hätten nun bei normalen Mäusen „relativ geringe Konzentrationen von zwei häufig verwendeten Emulgatoren, Carboxymethylcellulose und Polysorbat 80, leichte Entzündungen und Fettleibigkeit/metabolisches Syndrom“ hervorgerufen, heißt es in dem Artikel. In der Untersuchung ist vor allem von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa die Rede. Das metabolische Syndrom ist eine Gruppe von Störungen im Zusammenhang mit Fettleibigkeit, die etwa zu Typ-2-Diabetes, Herzkreislaufkrankheiten und Lebererkrankungen führen können. Mäuse, die wegen ihrer Genetik besonders anfällig sind, hatten der Studie zufolge sogar schwere Darmentzündungen entwickelt.

Den Grund sehen die Wissenschaftler darin, dass die Emulgatoren die Bakterienpopulation im Darm der Tiere veränderten. So hätten die Mikroorganismen leichter die Schleimschicht des Darms durchdringen können, die sonst weitgehend frei von Bakterien ist. Zudem habe die veränderte Darmflora mehr Substanzen produziert, die Entzündungen verursachen können.

Bio-Lebensmittel dürfen die Stoffe nicht enthalten

Die Ergebnisse des Experiments beziehen sich erst einmal nur auf Mäuse und lediglich auf zwei Emulgatoren. Ob die Erkenntnisse auf den Menschen und andere Stoffe der Gruppe übertragbar sind, müssten weitere Untersuchungen zeigen, räumen die Forscher ein.

Sie halten diese Möglichkeit aber offenbar für wahrscheinlich. Für sie legen ihre Daten nahe, dass „der breite Einsatz von emulgierenden Substanzen zum Anstieg von Fettleibigkeit/metabolischem Syndrom und anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen in der Gesellschaft beitragen könnte“. Diese Krankheiten nehmen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts stark zu und betreffen Millionen von Menschen.

Die Forscher warnen auch jetzt schon, dass die Zulassungstests für Emulgatoren mangelhaft sein könnten. Viele seien nicht sorgfältig genug untersucht worden. So wurde nach Darstellung der Wissenschaftler in Tierversuchen oft nur getestet, ob die Stoffe akut giftig sind oder Krebs auslösen. Das reiche vielleicht nicht, so die Experten.

Die beiden getesteten Stoffe sind auch in der Europäischen Union zugelassen. Sie müssen im Zutatenverzeichnis der Lebensmittel genannt werden: als E466 und E433. Diese E-Nummern finden sich zum Beispiel auf den Packungen von Christstollen, Marzipanmasse oder Rostbratwürsten aus konventioneller Produktion.

Wer die beiden Stoffe vermeiden will, sollte zu Biolebensmitteln greifen. Die EU-Ökoverordnung verbietet E466 und E433. Auch sonst zeigt die Biobranche, dass nur wenige Emulgatoren nötig sind, um Nahrungsmittel zu produzieren. Denn sie arbeitet im Wesentlichen lediglich mit einem dieser Stoffe: mit Lecithin (E322). Alle anderen primär als Emulgatoren geltenden Stoffe hat ihr die EU verboten.

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