Starke Fußball-Regionalliga: Aufstieg ausgeschlossen

Die zweiten Teams der Profivereine dominieren die Regionalliga Nord vollkommen. Traditionsclubs wie Meppen, Lübeck oder Havelse haben keine Chance, in den Profibereich zurückzukehren.

Immerhin bei Braunschweig II gegen Hannover II sind Fans dabei. Bild: dpa

HAMBURG taz | Überall ist es besser als im Norden. In der Fußball-Regionalliga West stehen Traditionsklubs wie Aachen, Viktoria Köln, Rot-Weiß Essen und Oberhausen weit oben. Im Südwesten sind es Offenbach, Saarbrücken und Elversberg, aus Bayern wird wohl Würzburg in die Aufstiegsrunde gehen, und im Nordosten belegen Zwickau, Nordhausen, Magdeburg und Jena die ersten Ränge. Nur in der Regionalliga Nord sieht die Lage für Mannschaften, die hinter dem Vereinsnamen keine zwei senkrechten Striche führen, trist aus.

Die Liga ist fest in der Hand der reichen Bundesligaklubs – in Gestalt ihrer zweiter Mannschaften. Der VfL Wolfsburg II, Werder Bremen II und der HSV II marschieren vorne weg. Erst mit Abstand folgen Klubs, die teils mit großen Erwartungen in die Saison gestartet waren, die aber keine Chance mehr auf das Erreichen der Aufstiegsrunde haben: SV Meppen, ETSV Weiche Flensburg, VfB Lübeck, Eintracht Norderstedt und der TSV Havelse. Die großen Klubs haben durch ihre U23-Teams für sie den Weg nach oben verstopft. Und im Liga-Mittelfeld müssen sich die ambitionierteren Regionalligisten noch mit Hannover 96 II, St. Pauli II und Eintracht Braunschweig II auseinandersetzen.

Eigene Runde für die U 23?

Das sorgt bei ihnen mindestens für zwiespältige Gefühle. „Wir haben einen Etat von 250.000 Euro, die zweiten Teams bewegen sich im siebenstelligen Bereich“, sagt Reenald Koch, Präsident von Eintracht Norderstedt. „Wenn ein U23-Spieler zwischen 4.000 und 5.000 Euro verdient, können wir nicht mithalten.“ Als Alternative bringt er das englische Modell ins Spiel. Dort tragen die U 23-Teams eine interne Runde aus.

Aus Norderstedter Sicht sind Heimspiele gegen die zweiten Teams in Bezug auf die Attraktivität differenziert zu betrachten. Duelle mit dem HSV und St. Pauli garantieren hohe Zuschauerzahlen. Bei den anderen Klubs ist es das Gegenteil. Dennoch: Die Eintracht fühlt sich laut Koch in der Vierten Liga sehr wohl. „Der Sprung von der Regionalliga in die Dritte Liga – das sind Welten. Wir müssten drei bis fünf Millionen investieren.“

Ähnlich demütig wird das beim ETSV Weiche Flensburg gesehen, der vor nicht langer Zeit noch in der Bezirksoberliga gespielt hat. „Die zweiten Mannschaften sind Zugpferde, sie bringen uns gute Einnahmen. Wir fühlen uns wohl in der Vierten Liga“, sagt Präsident Hans-Ludwig Suhr.

Weniger erfreut sind jene Klubs, die früher höher gespielt haben: Lübeck, Meppen und Havelse gehörten alle einst der Zweiten Bundesliga an. „Wenn ich lese, dass Schalke darüber nachdenkt, die Zweite abzumelden und zwei bis drei Millionen Euro pro Jahr in die Mannschaft investiert, dann sind wir mit einem Etat von knapp über 300.000 Euro Lichtjahre davon entfernt“, sagt Wolf Müller, Vorstand beim VfB Lübeck. Dann könne man sich erklären, wie die tabellarische Situation zustande kommt. „Wir würden mit Sicherheit eine gute Rolle spielen, wenn wir andere Möglichkeiten hätten.“ In Lübeck sind sie nach zwei überstanden Insolvenzen aber schon froh, in der Vierten Liga zu spielen. Müller: „Wir wollen gesund wachsen, nicht holterdiepolter.“

Auch in Havelse sind sie genügsam. „Wir sind Feierabend-Fußballer. Ein Verein wie der TSV Havelse kann jeden Tag dankbar dafür sein, in der Vierten Liga zu spielen“, sagt TSV-Geschäftsführer Stefan Prelle. „Natürlich sind wir ambitioniert“, aber es sei vermessen, von der Dritten Liga zu träumen. „Wir wissen, wo wir herkommen.“ Ob es gut sei, wenn einem Spiele gegen die ersten drei Teams keine hohen Zuschauerzahlen einbringen, weil die Gäste kaum Fans mitbringen, „darf aber bezweifelt werden“.

Sprung zu den Profis

Bei Werder Bremen sei der Stellenwert der zweiten Mannschaft sehr hoch, sagt Frank Baumann, Direktor Profi-Fußball & Scouting. Der Klub werde nicht dem Weg von Leverkusen oder Bochum folgen, die ihre zweite Mannschaften aus Kostengründen abgemeldet haben. „Die U 23 ist ein fester Bestandteil in unserer sportlichen Philosophie.“ Viele Talente wie Davie Selke, Levent Aycicek, Melvyn Lorenzen, Marnon Busch, Maximilian Eggestein oder auch Janek Sternberg haben erst in dieser Saison den Sprung aus der U 23 in den Profi-Kader geschafft. „Und wie man erst im Herbst des vergangenen Jahres gesehen hat, kann die U 23 auch ein Sprungbrett für ein Trainerteam sein“, sagt Baumann. Er spielt damit darauf an, dass der ehemalige U 23-Trainer Viktor Skripnik großen Erfolg mit den Profis hat.

Eine Nachwuchsrunde der U 23-Teams lehnt Baumann ab. Die Spiele gegen Herrenmannschaften seien ein ganz wichtiger Bestandteil des Entwicklungsprozesses. „Diese Erfahrungen könnten die Spieler in einer Nachwuchsrunde nicht sammeln. Dazu würden in solch einer Runde auch gewisse Anreize fehlen, die im Fußball enorm wichtig sind, wie beispielsweise Auf- und Abstiege.“ Es wird wohl auf absehbare Zeit heißen: Im Norden nichts Neues.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.