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Archiv-Artikel

Waffen der Psychologie

Wer kann die Eisbären überhaupt schlagen?

VON JOHANNES KOPP

Aussichtslose Situationen? Die gibt es in der Welt des Eishockeys eigentlich nicht. Rückstände, egal wie hoch, sind dazu da, umgedreht zu werden. Größere Punktepolster in der Tabelle nimmt kaum einer ernst, weil sie oft rasch auf Miniaturgröße zusammenschnurzeln. Aufgeben gilt nicht: Wenn die Qualität fehlt, muss es eben der Wille richten.

Insofern kam das, was der Düsseldorfer Trainer Harold Kreis unter der Woche in Berlin machte, einem Kulturbruch gleich: Der Coach des Tabellenzweiten kapitulierte nach der Niederlage gegen die Eisbären – obwohl auch für den Klassenprimus noch bis zum Ende der Hauptrunde 18 Spieltage ausstehen. Kreis hob also im Geiste die weiße Fahne und sagte: „Was Berlin macht, wie viele Spiele sie noch gewinnen, interessiert uns nicht. Wir werden schauen, die Mannschaften, die unter uns in der Tabelle stehen, in Schach zu halten.“

Dieses vorzeitige Unterwerfungsangebot brachte gar Don Jackson, den Coach der Eisbären, kurzzeitig aus dem Konzept. Wenn man auf die Tabelle schaue, könne man das schon so sehen, räumte er überraschenderweise ein, um danach wieder routiniert die alte Trainer-Leier anzustimmen: Man schaue aber von Spiel zu Spiel. Jackson weiß, dass spätestens in den Play-offs der Ruhm, als Erster die Hauptrunde abgeschlossen zu haben, nichts mehr zählt.

Die Kapitulation der Düsseldorfer ist natürlich nichts weiter als der Versuch, die Eisbären in Sicherheit zu wiegen. Denn eines ist gewiss: Meister wird nur, wer sie schlagen kann. In Berlin hat man durchaus wahrgenommen, dass die Konkurrenten ihre Spielsysteme entsprechend ausgerichtet haben. Seit Monaten wird allerorten an der perfekten Taktik gefeilt, um die Schwachstellen der Berliner auszunutzen. Bislang ohne Erfolg.

Nur deshalb greift nun der Düsseldorfer Trainer zu der im Eishockey ungebräuchlichen Waffe der Psychologie. Kreis hat erkannt, dass es für die Eisbären im Kampf um die Meisterschaft nur noch einen gefährlichen Gegner geben kann: das übersteigerte Selbstvertrauen.