Die BERLINER CDU ZIEHT MIT FRIEDBERT PFLÜGER IN DEN WAHLKAMPF
: Flucht vor der Provinzialität

Nach langem Ringen hat die Hauptstadt-CDU nun endlich einen Spitzenkandidaten gefunden: Es ist Friedbert Pflüger, der den Landesverband in den Wahlkampf führen wird. Als ehemaligem Mitarbeiter Richard von Weizsäckers, später Staatssekretär und außenpolitischem Sprecher seiner Partei traut man ihm das Format zu, dem populären Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) Paroli zu bieten.

Es gibt da nur ein kleines Problem, und das ist die Berliner CDU selbst, denn sie ist ein zutiefst provinzieller Landesverband. Dass sie mit Friedbert Pflüger nun einen weltgewandten und als liberal geltenden Kandidaten gefunden hat, der zudem mit der Bundeskanzlerin gut verdrahtet sein soll, kann ihr Dilemma nicht verbergen. Im Gegenteil: Allein die monatelange Suche nach einem Spitzenkandidaten, die fast zur Lachnummer geriet, passt zum desolaten Bild, das die Berliner CDU nun schon seit Jahren abgibt. Da pries der CDU-Landeschef den Posten wie Schwarzbrot an, doch ein Wunschkandidat nach dem anderen winkte ab – allen voran Ex-Umweltminister Klaus Töpfer.

Zum Teil rührte dieses Desinteresse daher, dass die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im September für die CDU kaum zu gewinnen ist: In den Umfragen dümpelt sie bei 20 Prozent. Es liegt aber auch daran, dass der Berliner Landesverband bis heute kein Gefühl für die auseinander driftenden Lebenswelten der Hauptstadt entwickelt hat. Die CDU ist hier längst keine Volkspartei mehr, sondern dünstet nach dem alten Westberlin.

Der Grund für diese ausgeprägte Provinzialität liegt in der Parteistruktur. Die Macht im Landesverband haben die Kreischefs, sie segnen jede Entscheidung ab. Und ein CDU-Bezirkschef von Charlottenburg-Wilmersdorf denkt denkt eben nicht über die engen Grenzen seines Bezirks hinaus.

Der neue Spitzenkandidat weiß sicher um diese Eigenheiten. Doch für Friedbert Pflüger ist das persönliche Risiko gering. Er kann sich in jedem Fall damit schmücken, in aussichtsloser Lage für seine Partei eingesprungen zu sein. Danach kann er den Landesverband rasch wieder abhaken und sich höheren Aufgaben widmen. ULRICH SCHULTE