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Archiv-Artikel

„Eine starke Marke“

Ein Boykottaufruf schadet Coca-Cola langfristig wenig, wenn es klug auf die Vorwürfe reagiert, meint Marketing-Experte Franz-Rudolf Esch

taz: In den USA gibt es eine Boykottkampagne, die Olympiastadt Turin hat Coca-Cola aus den öffentlichen Gebäuden verbannt. Welche Konsequenzen hat so etwas für den Konzern?

Franz-Rudolf Esch: Coca-Cola ist die stärkste Marke der Welt. Insofern bekommt ein Boykottaufruf große Öffentlichkeit. Kurzfristig kann es zu Umsatzeinbrüchen kommen. Aber die werden langfristig wieder kompensiert. Coca-Cola genießt wie alle großen Marken ein hohes Vertrauen und hat eine riesige Fangemeinde, die sich kaum vorstellen kann, einen Tag ohne Cola zu leben. Eine starke Marke ist ein Schutzschirm in Krisen. Je stärker die Marke verankert ist, desto schwieriger ist der Boykott.

Aber Boykotte bewegen doch etwas, so wie damals bei Shells Ölbohrinsel in der Nordsee.

Ja, aber Shell ist mit Coca-Cola nicht ohne weiteres zu vergleichen. Greenpeace hatte damals mit aufmerksamkeitsstarken Aktionen die Kommunikationshoheit gegenüber Shell. Außerdem ist Coca-Cola eine Marke, die viele seit der Kindheit begleitet. Ähnlich wie Nivea oder Maggi. Deshalb ist der Verbraucher emotional viel stärker an diese Marke gebunden als an eine Tankstelle.

Also bringen Boykotte gar nichts?

Coca-Cola wird auf jeden Fall weiter getrunken. Aber die Unternehmen müssen auf solche Vorwürfe schnell und umfassend reagieren. Egal ob sie gerechtfertigt sind oder nicht. Firmen sollten für mögliche Szenarien Pläne in der Schublade haben. Die Presse muss frühzeitig eingeladen werden, einfache und klare Anzeigen müssen geschaltet werden. Zudem spielt der Vermittler der Botschaft eine wichtige Rolle. Es sollten die Topmanager, also Hans und nicht Hänschen, Stellung nehmen. Bei Volkswagen zum Beispiel hat im vergangenen Jahr bei der Dienstreisenaffäre die Krisenkommunikation sehr gut und sehr schnell geklappt.

Und was sollte Coca-Cola jetzt tun?

An den US-Universitäten sollte Coca-Cola direkt auf den Campus gehen. Vor Ort und direkt muss man mit den Leuten sprechen. Coca-Cola muss zeigen, dass die Vorwürfe ernst genommen werden und betroffen machen. Sonst ist die Glaubwürdigkeit der Marke gefährdet. Und das würde einen langfristigen Schaden bedeuten.

INTERVIEW: MIRJAM MEINHARDT