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Archiv-Artikel

Animateurin mit Kopftuch

Muslimische Mädchen erobern sich ein Stück Freiheit. Eine Lehrerin aus Tenever schafft ihnen Freiräume außerhalb der Familie – als Gruppenleiterinnen im Sportverein TSV Osterholz-Tenever

Von abe

Bremen taz ■ Sie tanzen aus der Reihe, trödeln über den Hindernisparcours und verheddern sich im Krabbeltunnel. Assma Schweidan ist Animateurin, Lotsin und Tränentrocknerin für die Drei- bis Vierjährigen. Sie feuert an, führt die Übungen vor, schickt kleine Abweichler in die Reihen zurück. Ihr Kopftuch sitzt dabei perfekt – mit dem Unterkopftuch den Haarknoten fixiert, darum ein weich fließendes Tuch geschlungen, das an den Schultern festgesteckt ist.

Kein vertrauter Anblick in einem deutschen Sportverein. „Migrantinnen sind kaum in Vereine integriert“, sagt Christine Eschemann, Sportlehrerin am Schulzentrum Koblenzer Straße. „Um ausländische Kinder und Jugendliche anzusprechen, suchen die Sportvereine händeringend Übungsleiter, die ihre Sprachen beherrschen.“ So entstand die Idee, eine Gruppe von Mädchen mit Migrationshintergrund zu Jugendleiterinnen weiterzubilden. Und damit ist viel erreicht, meint Eschemann: „Viele Eltern lassen die Mädchen nicht aus dem Haus, es sei denn zu Schulveranstaltungen. Mit dem Projekt haben wir erreicht, dass sie sogar eigenes Geld verdienen können.“ Vier Euro fünfzig die Stunde – „nicht viel, aber auch nicht wenig“, findet die 16-jährige Assma. Die Realschülerin hat in der Kindergruppe in Osterholz das Praktikum für die Jugendleitercard-Ausbildung gemacht. Danach hat die Übungsleiterin gefragt, ob sie als ihre Assistentin bleiben will.

Assma wollte. Bisher hat sie ihre Sportbegeisterung eher zu Hause ausgelebt, beim Bauchtanzen mit Freundinnen und Sit-Ups, um die Bauchmuskeln in Form zu halten. Nachdem Christine Eschemann mit ihrem Vater gesprochen hatte, erlaubte er, dass sie auf das einwöchige Gruppenleiter-Seminar mitfuhr. „Er hat Angst um mich“, erklärt Assma. Sie versteht das: Einmal wegen ihres Asthmas, und dann kann ja so viel passieren. Assma ist eine lebhafte, charmante junge Frau – und eine brave Tochter. Am Schwimmunterricht nimmt sie nicht teil, auch an Klassenfahrten nicht: Der Koran erlaubt es nicht, Jungs so nahe zu kommen. Doch bei dem Seminar, alleine unter Frauen, legt sie sogar ihr Kopftuch ab, das sie seit der dritten Klasse trägt. „Es ist eine Sünde, wenn man ein Mädchen zum Kopftuchtragen zwingt“, sagt sie. Sie hat sich selbst dafür entschieden: wegen Mohammed, und weil sie es an ihren Freundinnen so schick fand. abe