Gefährliches Gewaltpotenzial

GEHEIMDIENST Der Verfassungsschutz warnt in seinem Jahresbericht vor möglichen Terroranschlägen von Rechtsextremen und Islamisten

„Rechtsterroristische Anschläge durch Einzeltäter sind möglich“

VERFASSUNGSSCHUTZCHEF MAASSEN

BERLIN dpa | Der Inlandsgeheimdienst warnt vor Gefahren durch islamistischen und rechten Terrorismus. „Deutschland ist nach wie vor Anschlagsziel von islamistischen Terroristen“, sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen am Dienstag bei der Vorstellung des Jahresberichts seiner Behörde in Berlin. Die Geheimdienstler sehen zudem eine potenzielle Bedrohung aus der rechten Szene. „Rechtsterroristische Anschläge durch Einzeltäter halten wir durchaus für möglich“, sagte Maaßen. Konkrete Anschlagspläne seien nicht bekannt.

Der Verfassungsschutzbericht fasst die Erkenntnisse des Inlandsgeheimdienstes aus dem Jahr 2012 zusammen und gibt einen Überblick über die extremistischen Bestrebungen. Sowohl die rechts- als auch die linksextremistische Szene ist demnach zwar im vergangenen leicht geschrumpft. Sorge bereitet dem Verfassungsschutz aber das zunehmende Gewaltpotenzial.

Der rechten Szene ordneten die Behörden im vergangenen Jahr 22.150 Anhänger zu (2011: 22.400; 2010: 25.000). Annähernd jeder zweite Rechtsextreme sei als gewaltbereit einzustufen, sagte Maaßen. Angesichts der hohen Gewaltbereitschaft sei die Existenz weiterer rechtsterroristischer Strukturen zumindest möglich, heißt es im Bericht. Maaßen sagte, die Gewaltverbrechen der rechtsextremen Terrorzelle NSU stießen zwar grundsätzlich auf Vorbehalte in der Szene. Es gebe aber einige, die die Taten befürworteten und Terrorismus als Option ansähen.

Der Terror des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) hatte eine neue Dimension an Gefahren aus dem rechten Spektrum aufgezeigt. Der rechtsextremen Bande werden zwischen den Jahren 2000 und 2007 zehn Morde zur Last gelegt – überwiegend an Migranten. Das mutmaßliche Terrortrio flog erst im November 2011 auf. Polizei und Nachrichtendienste waren der Gruppe über Jahre nicht auf die Spur gekommen. Die Versäumnisse in dem Fall hatten den Verfassungsschutz in eine schwere Krise gestürzt.

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will die Zusammenarbeit der Verfassungsschützer in Bund und Ländern verbessern, unter anderem neue Schwerpunkte für das Bundesamt setzen und die Regeln zum Umgang mit Akten ändern. Die Arbeit an einer Gesetzesnovelle laufe, sagte er. Näheres will Friedrich im Juli vorstellen.

Sorge bereiten dem Verfassungsschutz auch die Aktivitäten der islamistischen Szene, die einen wachsenden Zulauf verzeichnet. Besonders stark wachse die Bewegung der radikal-islamischen Salafisten, von 3.800 (2011) auf 4.500 Anhänger.

Rund 1.000 Personen aus der islamistischen Bewegung würden als gefährlich eingestuft, sagte Maaßen. Etwa 130 besonders gefährliche Islamisten würden zum Teil rund um die Uhr bewacht. Eine besondere Bedrohung gehe von Einzeltätern aus.