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Archiv-Artikel

Drohnentod war „gerechtfertigt“

JUSTIZ Die Tötung des deutschen Staatsbürger Bünyamin E. in Pakistan hat keine juristische Folgen. Bundesanwaltschaft stellt Ermittlungen ein, weil er an Kämpfen teilnehmen wollte

FREIBURG taz | Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen wegen des Drohnentods eines Deutschtürken in Pakisten eingestellt. Die Tötung von Bünyamin E. sei „gerechtfertigt“ gewesen, weil er als Kombattant an „feindseligen Handlungen“ teilnehmen wollte, so die Mitteilung aus Karlsruhe.

Seine Freunde nannten ihn „Bünno“. Er wuchs in Wuppertal auf. Nach einer gut integrierten Jugend radikalisierte sich Bünyamin E. jedoch und machte sich im Frühjahr 2009 gemeinsam mit anderen Islamisten ins pakistanisch-afghanische Grenzgebiet auf. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen soll er sich dort den Deutschen Mudschaheddin und dann den pakistanischen Taliban angeschlossen haben. Zum Schluss habe er sich im Umfeld von al-Qaida bewegt und sei für einen Selbstmordanschlag auf Militäreinheiten vorgesehen gewesen.

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft starb er am 4. Oktober 2010 im Alter von 20 Jahren, als er mit einer Gruppe von acht Männern bei Mir Ali zusammensaß, um über diesen Selbstmordanschlag zu sprechen. Eine Drohne, vermutlich der US-Armee, hatte eine Rakete abgefeuert, die auch weitere Todesopfer in der Gruppe forderte.

Wenn ein deutscher Staatsbürger im Ausland getötet wird, ist das deutsche Strafrecht anwendbar. Die Bundesanwaltschaft ist aber nur zuständig, wenn der Todesfall mit einem bewaffneten Konflikt zusammenhängt. Dass es im Norden Pakistans gleich mehrere solche Konflikte gibt, stellte die BAW im letzten Sommer nach 21-monatigen Prüfungen fest und eröffnete ein reguläres Ermittlungsverfahren – gegen unbekannt.

Wäre Bünyamin E. als Zivilist eingestuft worden, hätte er von den US-Militärs nicht einfach getötet werden dürfen – selbst wenn er sich auf Anschläge in Europa vorbereiten wollte. Da er nach Auffassung der Ermittler aber an den Kämpfen in Nordpakistan teilnehmen wollte, war er ein legitimes militärisches Ziel und seine Tötung weder ein Kriegsverbrechen noch ein staatlicher Mord.

Der Bundesanwaltschaft wird dieses Ergebnis sicher recht gewesen sein. Denn andernfalls hätte sie unter anderem gegen US-Präsident Barack Obama Anklage erheben müssen.

Die Bundesanwaltschaft berief sich nun vor allem auf Erkenntnisse aus dem Prozess gegen Bünyamin E.s Bruder Emrah E., der bei dem Drohnenangriff anwesend war und sich inzwischen am Oberlandesgericht Frankfurt wegen Mitgliedschaft bei al-Qaida verantworten muss.

Derzeit laufen in Karlsruhe noch Ermittlungen wegen eines zweiten Drohnentods in Pakistan. Der damals 29-jährige Samir H., zuletzt in Aachen lebend, wurde 2012 von einer Rakete getötet. CHRISTIAN RATH