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Archiv-Artikel

38,9 Stunden in Niedersachsen

Niedersachsens Kommunen und Ver.di einig über leichte Verlängerung der Arbeitszeit

HANNOVER rtr/afp ■ Im Tarifstreit im öffentlichen Dienst haben Gewerkschaft und kommunale Arbeitgeber in Niedersachsen die erste Einigung in einem Flächenland erzielt. Diese betrifft aber nur die Kommunen als Arbeitgeber, nicht das Bundesland. Die Arbeitszeit wird von 38,5 um durchschnittlich 24 Minuten auf knapp 39 Stunden pro Woche verlängert.

Ausgenommen sind Berufsgruppen mit großer körperlicher Belastung wie Beschäftigte in Krankenhäusern und bei der Müllabfuhr, teilten der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) und die Gewerkschaft Ver.di am Mittwoch in Hannover mit. Der seit Mitte Februar dauernde Streik werde zum Wochenende ausgesetzt, kündigte der niedersächsische Ver.di-Vorsitzende Wolfgang Denia an.

Bevor der Abschluss gültig wird, müssen in einer Urabstimmung 25 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder dem Kompromiss zustimmen. Die Einigung in Niedersachsen könnte Signalwirkung für Baden-Württembergs Kommunen haben. Dort sollte am Mittwochabend die Schlichtung zwischen Ver.di und den kommunalen Arbeitgebern beginnen.

Nach Ver.di-Angaben behalte etwas mehr als die Hälfte der 140.000 Beschäftigten, darunter bei der Müllabfuhr oder in Kitas Beschäftigte oder Krankenschwestern, die 38,5-Stunden-Woche. Allerdings sollen diese Beschäftigten bis zu drei Tage im Jahr ohne Vergütung für die Fortbildung einbringen, erläuterte KAV-Präsident Henning Schultz. Die übrigen Beschäftigten, vor allem in der Verwaltung und bei den Sparkassen, sollen künftig 39 Stunden pro Woche arbeiten. Heiligabend und Silvester sollen nicht mehr als freie Tage gewertet werden, sondern per Gleitzeitkonto vor- oder nachgearbeitet werden. Das ergibt für die Verwaltungskräfte rechnerisch eine 39,24-Stunden-Woche.

Niedersachsen ist das erste Flächenland, in dem kommunale Arbeitgeber und Ver.di sich geeinigt haben. Bei der Bewertung der Signalwirkung für die Tarifverhandlungen bei den Ländern zeigte sich Schultz zurückhaltend. Die Länder hätten andere „Kriegsschauplätze“, sagte er.

Die Einsetzung eines Schlichters für den Streit auf der Länderebene blieb gestern weiterhin umstritten. Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) zeigte sich überzeugt, dass sich der Konflikt sonst nicht lösen lasse. Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU) lehnte dies dagegen strikt ab. Auch Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sieht dafür derzeit „keine Notwendigkeit“. Ver.di-Chef Frank Bsirske schloss derweil eine gesonderte Einigung mit den SPD-regierten Ländern außerhalb der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) nicht aus.