piwik no script img

Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt

Heute wird im Café Morgenrot über die sogenannte Ernährungsautonomie gesprochen. Eine wichtige Debatte, sicher. Doch diese steht unter dem sehr dämlichen Titel „Erst das Fressen, dann die Moral …?“ Liebe GenossInnen, euer Anliegen ist berechtigt. Der Titel aber ist hummeldumm, denn Brecht meinte mit diesem Satz mitnichten, dass man – wie ihr und eure sozialdemokratischen LehrerInnenfreunde – denken soll, dass jeder nur an sich denkt. Er meinte: Moral muss man sich leisten können, moralische Handlungen sind von Leuten mit vor Hunger brummendem Bauch nicht zu erwarten. Und das gilt bis heute, wenn ihr mit dem ökologischen Moralfinger auf die Antibioproleten zeigt. Klar? Morgen wird im Mehringhof in der hier bereits mehrfach gelobten Reihe „Das Begehren, anders zu sein, und das Ende der DDR“ über die „ ,realsozialistische Gouvernementalität‘ unter Honecker“ gesprochen. Wolfgang Lenk wird demzufolge mithilfe von Foucault den Untergang der DDR untersuchen, unter Berücksichtigung der von Honecker verfochtenen „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“. Spannend. Zur gleichen Zeit feiert man im Tristeza unter dem Titel „Möhrchen statt Deutschland“ den Pink Rabbit der Naturfreundejugend Berlin, der die deutschen Zustände allein durch Anwesenheit vorführte – auch bei der Verleihung eines taz-Preises. Das wollen wir gern loben. Und am Freitag treibt man im „Haus der Demokratie Demografie“, allerdings nicht im Sinne von Frank Schirrmacher. Im Gegenteil, die Veranstaltungsgruppe der Reihe „reclaim feminism“ diskutiert „Strategien zur EU-weiten Legalisierung von Abtreibung“ – nichts also für Katholen, Evangelen, Muslime und andere LebensschutzschurkInnen. Wanda Nowicka, Stephanie Lord und Anna von Gall zeigen die Wirkmacht der Kirche in der Debatte.

■ Ernährung: Morgenrot, Kastanienallee 85, Mo, 19.30 Uhr

■ Gouvernementalität: Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, Di, 19.30 Uhr

■ Pink Rabbit: Tristeza, Pannier-str. 5, Di, 19.30 Uhr

■ Abtreibung: Haus d. Demokratie, Greifswalder Str. 4, Fr, 19 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen