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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Solange …

■ betr.: Nichtwahl aus Protest

Solange gewählte Politiker

– nach der Wahl anders handeln als sie vor der Wahl reden,

– Krieg in Afghanistan und anderswo gegen den Willen der Bürger führen,

– kriegführende Präsidenten und Staatsoberhäupter Friedensnobelpreise erhalten,

– die Bundeswehr nicht zu einer Katastrophen- und Heimatschutztruppe umgestalten,

– im heulenden Orwell-Chor des Neusprech von Negativwachstum reden,

– in ewiger Wiederkehr von mehr und weiterem Wachstum träumen,

– über ihre eigenen Gehälter („Diäten“) abstimmen,

– das Geld des Bürgers durch Missmanagement (Hauptbahnhof Stuttgart, Elbphilharmonie, Flughafen Berlin …) zum Fenster hinauswerfen,

– zulassen, dass Banken bei der Europäischen Zentralbank das Geld der Steuerzahler zu Niedrigstzinsen leihen und es zu höheren Zinsen weiterverschachern und der Bürger für seine Ersparnisse weniger Zinsen als die Inflationsrate bekommt,

– zulassen, dass Kinder in der Schule durch konfessionellen Religionsunterricht zu unmündigen Menschen herangezogen werden,

– zulassen, dass Frauen in der gleichen Berufstätigkeit weniger als Männer verdienen,

– nicht dafür sorgen, dass Leute wie Ackermann, Hoeneß, Nonnenmacher … zu Höchststrafen verurteilt werden,

– Menschen wie Assange, Banning oder Snowden … kein Asyl gewähren,

– solange zockende Banken mit Steuergeldern gerettet werden,

– solange in einer virtuellen Wirtschaft mit nicht vorhandenen Werten Geld verdient wird und diese Einkünfte nicht besteuert werden, – solange die Daseinsvorsorge der Bürger (Stadtwerke, Energieversorgung, Abfallwirtschaft, Krankenhaus, Altenpflege, Bahn- und Transportwesen) mitsamt den dort arbeitenden Menschen privatwirtschaftlichen Profiteuren zum Fraß vorgeworfen werden,

… so lange bekommt ihr meine Stimme nicht.

Ich brauche sie noch.

Damit ich meine Stimme erheben kann.

Eine andere Waffe als das Wort habe ich nicht.

Hätte ich eine, gäbe es solche Politiker nicht.

GERHARD OTT, Flensburg

Kleinparteien wählen

■ betr.: Nichtwahl aus Protest

Die Diskussion über bewusstes Nichtwählen verstehe ich nicht. Gerade das nützt den etablierten Parteien und hilft ihnen. Jeder Nichtwähler macht die Parteien prozentual stärker als sie wirklich wären und hilft ihnen so auch indirekt, damit höhere Wahlkampferstattungen zu bekommen.

Geht man stattdessen zur Wahl und würde eine der Kleinparteien wählen, würde man die Parteien im Parlament wirklich treffen. Dabei ist es unerheblich ob eine Kleinpartei davon wirklich profitiert oder nicht, weil 0,1 Prozent dort 0,1 Prozent weniger bei den Etablierten wären und damit weniger Wahlkampfhilfe und Parlamentssitze. MARKUS MEISTER, Kassel

Unfähig und gleichgültig

■ betr.: „Wir sind völlig überfordert“, taz vom 29. 8. 13

Ganz am Ende kriegt er fast noch die Kurve, der Herr Oberbürgermeister von Duisburg, als er von der hohen Zahl der Analphabeten spricht. Sonst bleibt bei diesem Interview tatsächlich nur der Eindruck, dass er recht hat: Sie sind überfordert in Duisburg. Überfordert damit, für menschenwürdige Unterkünfte auch für arme Menschen zu sorgen.

Überfordert damit, die Ausbeutung zu unterbinden. Überfordert damit, die Bewohner vor rechter Gewalt, Ausgrenzung und Bedrohung zu schützen.

Ja, ich will auch nicht, dass mir jemand in den Vorgarten kackt, aber bitte, in einer solchen Wohnsituation ist es Aufgabe der Stadt, das Wohnumfeld und die Quartiere so zu gestalten, dass weder Überbelegung noch fehlende Information (Sozialarbeiter?) dafür sorgen, dass gewisse Grundregeln nicht eingehalten werden.

Viele Roma müssen in Südeuropa auf Müllkippen leben. Das kann man wissen, wenn man sich über die Lebensverhältnisse dort informiert. Woher sollen sie wissen, dass man hier nicht den Müll aus dem Fenster wirft?

Die Duisburger Verwaltung ist nicht nur überfordert – es fehlt eindeutig der Wille und die Einsicht, dass sie selbst handeln müssen.

Und wer glaubt, ein Aufruf im Internet zu Gewalt gegen Roma habe nichts mit der „realen Welt“ zu tun, der ist nicht nur überfordert, sondern unfähig oder gleichgültig gegenüber der realen Gefahr für Leib und Leben. JÖRG RUPP, Malsch

Goethes Beiträge

■ betr.: „Ein allzu gerundetes Leben“, taz vom 27. 8. 13

Goethes eigentliche Bedeutung für die gegenwärtige Zeit liegt in seinem ganzheitlichen, holistischen Denken, welches angesichts von Goethes Auseinandersetzung mit der Naturwissenschaft seiner Zeit, über das rein sinnliche Wahrnehmen erheblich hinausweist.

Man denke dabei etwa an Goethes Beiträge zur Morphologie und zur Farbenlehre. MICHAEL HEINEN-ANDERS, Köln