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Archiv-Artikel

Typisch italienischer Kompromiss

ITALIEN Die umstrittene Immobiliensteuer wird sofort abgeschafft, ab 2014 durch eine Service-Steuer ersetzt. Propagandistisch ein Sieg für Berlusconi

Einen „Sieg der Regierung“ nannte Ministerpräsident Enrico Letta die Einigung

ROM dpa | Die seit Wochen am Rand einer Krise stehende Regierung Italiens hat sich mit der Einigung bei einer umstrittenen Immobiliensteuer Luft verschafft. Am Mittwochabend beschloss das Kabinett die von Exregierungschef Silvio Berlusconi kategorisch verlangte Abschaffung der Immobiliensteuer (Imu) für dieses Jahr. Sie soll allerdings 2014 durch eine „Service-Steuer“ ersetzt werden.

Einen „Sieg der Regierung“ nannte Ministerpräsident Enrico Letta die Einigung, die ein Hindernis für den Fortbestand der Regierungskoalition mit Berlusconis Partei PdL (Volk der Freiheit) aus dem Weg räumt. Kritiker sprachen dagegen von einem Sieg Berlusconis, dessen Lager sich rundum zufrieden zeigte.

Das Vorhaben kostet den Staat etwa 4 Milliarden Euro. Die Entscheidung ist von wesentlicher Bedeutung für den Zusammenhalt der Koalition aus PdL und der Demokratischen Partei (PD) von Regierungschef Letta. Die PdL hatte immer wieder die Abschaffung der Steuer gefordert und andernfalls mit einem Bruch der Koalition gedroht.

Scharf kritisiert wurde die Weichenstellung von Lettas Vorgänger Mario Monti, der der Regierung und der Mitte-links-Partei PD vorwarf, damit vor dem Druck der Rechten eingeknickt zu sein. Die Steuerausfälle sollen durch Ausgabenkürzungen ausgeglichen werden, erläuterte Innenminister und PdL-Chef Angelino Alfano. Steuererhöhungen soll es demnach keine geben. Mit der von Monti wieder eingeführten Imu wurde der erste Wohnsitz besteuert. Die neue Steuer solle kinderreiche Familien weniger belasten, erklärte Letta.

Berlusconi hatte den Wegfall der Steuer zum Hauptversprechen im Wahlkampf gemacht und damit die PdL auch in die Regierung geführt. Die Einigung hatte sich bereits abgezeichnet. Die Renditen für italienische Staatsanleihen waren am Mittwoch gegen den Trend in Europa gefallen, da eine Fortsetzung der Regierung vorerst gesichert schien.

Italien muss aber trotz der vorerst gelösten Regierungskrise höhere Zinsen an Investoren zahlen. Bei der Versteigerung einer fünfjährigen Anleihe stieg der Zins von 3,22 auf 3,38 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit Juni, teilte das Finanzministerium am Donnerstag mit. Bei der Auktion einer zehnjährigen Anleihe blieb er dagegen stabil bei rund 4,5 Prozent. Insgesamt nahm der Staat 6 Milliarden Euro ein. Am Sekundärmarkt drückte die Erleichterung über den Kompromiss und die erfolgreiche Auktion die Rendite zehnjähriger italienischer Staatspapiere auf 4,358 Prozent nach 4,401 Prozent im Schlussgeschäft des Vortags.