: Menschlichkeit bei Nacht und Nebel
AUFENTHALT Mehr als 4.000 Flüchtlinge in Hamburg leben mit einer außer Kraft zu setzenden Duldung
Es ist 3 Uhr nachts, als die Polizisten und die Mitarbeiter der Ausländerbehörde in der Asylunterkunft eintreffen. Die 35-jährige Serbin und zweifache Mutter solle sofort ihre Sachen packen und sich mit ihren Kindern bereit halten für die Ausreise per Flugzeug um 7 Uhr früh. Der Mann der 35-Jährigen war kurzfristig in die Psychiatrie eingewiesen worden, sie selbst hatte eine Duldung, die allerdings einen entscheidenden Zusatz trägt: „Erlischt mit Flugtermin“ – womit das Papier jeden Wert verliert.
Die überfallartige Abschiebung bei Nacht, auch das Auseinanderreißen von Familien, es gehört wieder zum Repertoire der Hamburger Ausländerbehörde: Weil sich solche Fälle zuletzt gehäuft hatten, richtete die Grünen-Abgeordnete Antje Möller eine Kleine Anfrage an den Senat, die nun beantwortet wurde. Bei 4.067 Flüchtlingen sind die Duldungen demnach mit „auflösenden Bedingung“ versehen.
Stärker als in der Vergangenheit setze die Behördenleitung aber auf eine freiwillige Ausreise der Betroffenen, versichert Norbert Smekal, Sprecher der Ausländerbehörde. Wenn es aber Anzeichen dafür gebe, dass jemand seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen werde, sei die nächtliche Abschiebung doch humaner, als denjenigen in Abschiebehaft zu nehmen.
Dafür „braucht die Behörde einen richterlichen Beschluss“, hält Möller dieser Argumentation entgegen. Und die rechtlichen Hürden seien in diesem Zusammenhang relativ hoch, auch nach entsprechenden Urteilen des Europäischen Gerichtshofs seien die Hürden größer geworden.
Dass die 35-jährige Serbin noch in Deutschland ist, verdankt sie vermutlich ihrer angeschlagenen Gesundheit: Als die Beamten sie für einen Moment allein ließen, floh die gebrechlich wirkende Frau mit ihren Kindern. Die Nacht über versteckte sie sich bei Landsleuten, bis sie am nächsten Morgen ihre Rechtsanwältin erreichte. PEMÜ