: Die Frau im Viertel-Heuschober
Susanne Claasen ist die Quartiersmanagerin des „Viertels“ in Bremen. Ihr Job ist es, den Leuten Geld aus der Tasche zu locken – im Interesse der Viertel-Kaufleute
von Jeannette Simon
Wenn sich die schmuddelige Tür öffnet, tritt man in einen schmalen Treppenaufgang, der einen Heuschober am Ende der Stufen vermuten lässt. Aber dann kommt man doch in ein Büro – der Kabelsalat und der alte Computer zwischen den kahlen Wänden beweisen es.
Mehr noch als ihr Büro überrascht die Managerin selbst. Nicht im Anzug oder Kostüm kommt sie hinter dem Schreibtisch vor, sondern in Jeans und rotem Strickpulli. Der kräftige Händedruck fordert auf, gleich zur Sache zu kommen. „Ich weiß, viele Leute stellen sich jemand anderes in einem anderen Büro vor“, sagt sie. Susanne Claasen ist die Quartiersmanagerin des Viertels. Das hat sie sich ganz gezielt ausgesucht. Man habe ihr ein anderes angeboten, sagt sie, aber das sei zu weit weg gewesen. Sie wollte an „der Meile“ sein.
Ihre Arbeitgeber sind die Viertel-Kaufleute, besser gesagt: deren Interessengemeinschaft Viertel (IGV). Ihre Aufgabe ist es daher vor allem, Menschen ins Viertel zu locken, dafür zu sorgen, dass sie sich vor Ort dann wohl fühlen und ihr Geld in den Geschäften lassen. Zum Beispiel sucht sie nach Wegen, wie sie Viertel-Events wie den Samba-Karneval für die Kaufleute lukrativ machen kann. Denn die, sagt Susanne Claasen, hätten von solchen Veranstaltungen bisher wenig. „Wer kauft sich schon einen Eierschneider, wenn vor der Ladentür Sambatänzerinnen rumhüpfen?“ Oder sie denkt sich Gewinnspiele aus und schwatzt den Ladenbesitzern auch gleich die Preise dafür ab.
Als Quartiersmanagerin weiß Claasen, dass die BremerInnen auch einen kulturellen Anspruch an das Viertel haben, gerade weil es eine Ansammlung von Ladenbesitzern, Künstlern und Individualisten ist. Wenn es diesen Charme verliere, blieben auch die Leute weg: „Deswegen leiste ich hier auch ein bisschen Kulturarbeit – zum Beispiel indem ich dafür sorge, dass hier nicht noch das dreißigste Wettbüro aufmacht.“
Susanne Claassen hat schon viele Jobs gehabt. Die hatten mit Management zwar nichts zu tun, doch die dort gewonnenen Erfahrungen helfen ihr trotzdem: Jahrelang ist sie mit ihrem ersten Mann und dessen Dosenwerfbude von Stadt zu Stadt getingelt. Später hat sie als Kunstpädagogin mit Kindern Theater gespielt und ist schließlich selbst als Darstellerin ans Theater gegangen. „Bei der Arbeit mit Rummelbesuchern und Kindern lernt man sich durchzusetzen. Man muss viel organisieren und manchmal auch improvisieren“, sagt Claasen. Nichts anderes mache sie jetzt. „Was ich aber nie gelernt habe, ist Diplomatie,“ sagt sie und man glaubt es.