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Archiv-Artikel

Pflüger will neues Gotteshaus verhindern

Der CDU-Spitzenkandidat fordert den Verzicht auf den geplanten Moscheebau in Pankow. Mit seinem Vorstoß trifft er selbst in seiner eigenen Partei auf Unverständnis. Ortsvereinsvorsitzender: Muslime nicht als Fremde betrachten

CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger hat sich gegen eine Moschee in Pankow-Heinersdorf ausgesprochen. Er fordert die muslimische Ahmadiyya-Gemeinde auf, auf den geplanten Bau zu verzichten. Pflüger bezog sich dabei auf eine Aussage des Sektenbeauftragten der Evangelischen Kirche Berlin, Thomas Gandow, der die Gemeinde als die „Zeugen Jehovas der Muslime“ bezeichnet hatte. Die Gemeinde habe, so Pflüger, „einen missionarischen und fragwürdigen Charakter“.

Das Vorhaben hat massive Proteste unter Anwohnern ausgelöst. Eine Bürgerversammlung im März musste deshalb abgebrochen werden. Wenig später hatte die NPD gegen den Moscheebau demonstriert.

Die Ahmadiyya Muslim Jamaat ist eine Splittergruppe innerhalb der islamischen Glaubensgemeinschaft. Sie betrachtet einen sunnitischen Gelehrten des 19. Jahrhunderts als neuen Messias. Die in der Gesamtzahl der Berliner Muslime mit kaum 200 Mitgliedern eher kleine Gruppe betreibt bislang eine improvisierte Moschee in einem Reinickendorfer Einfamilienhaus. Das für den Neubau gekaufte Gelände in Heinersdorf wurde nach Aussagen ihres Berliner Imams von der Frankfurter Zentrale ausgewählt. Die Moschee wäre das erste islamische Gotteshaus in Ostberlin.

Barbara John (CDU), einst Ausländerbeauftragte des Senats, hat die Ahmadiyya als zurückhaltende und liberale Gruppe erlebt. Sie rät ihren Parteifreunden: „Es wäre gut, wenn sich die Mitglieder der CDU mal mit den Ahmadiyya zusammensetzen würden.“

Das hat Karl Hennig, Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Schönhauser Allee, bereits getan – nicht zuletzt deshalb, weil eine den Ahmadiyya zugehörende Familie auch Mitglied des Ortsverbandes ist. Die Ansichten des Christdemokraten Hennig zeugen von der aufklärerischen Wirkung solcher persönlichen Begegnungen: „Wir sollten endlich damit aufhören, Muslime immer als Fremde zu betrachten“, sagt Hennig. „Wir reden hier von Deutschen muslimischen Glaubens.“ Und die hätten nicht nur den Wunsch nach Integration, sondern auch das Recht, ihre Gottesdienste in würdiger Umgebung zu feiern. Kanzlerin Merkel solle, so Hennig, den geplanten Integrationsgipfel auch dafür nutzen, „das Recht der Muslime auf Moscheebauten zu bestätigen“ – damit das ewige Gerangel um solche Baupläne ein für alle Mal ein Ende habe.

Ertan Taskiran, CDU-Kandidat für die Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg, unterstützt dagegen Pflügers Vorstoß. Allgemein befürworte er zwar Moscheebauten. Die Ahmadiyya seien jedoch unter den Muslimen umstritten. Taskiran gehört zu den Sunniten, die die Mehrheit unter den Berliner Muslimen stellen.

„Moscheen gehören zum Stadtbild einer multireligiösen Stadt wie Berlin“, sagt Özcan Mutlu (Grüne). Die Bedenken von Bürgern müsse man ernst nehmen, sie für Wahlkampfzwecke auszunutzen sei aber „schäbig“, so der Grüne. Thomas Kleineidam, migrationspolitischer Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus, empfiehlt Friedbert Pflüger einen Grundrechtekurs. Die CDU wolle einerseits die Migranten „permanent aufs Grundgesetz vereidigen“, so Kleineidam, doch selber wolle sie der Minderheit ihre Grundrechte anscheinend nicht zugestehen. ALKE WIERTH